Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

842. Geschäftsformen bei der Thätigkeit der Landstände. 69 
Erlaubniß der Kammer, zu der er gehört, verhaftet werden darf, den Fall der Ergreifung 
auf frischer That bei Verbrechen ausgenommen!?). 
c) Die Erfüllung seiner Verpflichtungen gelobt jedes Mitglied der Landstände durch 
den bei seinem Neueintritt oder Wiedereintritt zu leistenden Eid#). 
d) Die Abgeordneten der Ersten und Zweiten Kammer, mit Ausnahme der Prinzen 
des großherzoglichen Hauses und der Häupter der standesherrlichen Familien, erhalten, 
wenn sie nicht am Orte der Ständeversammlung ihren Wohnsitz haben, für die Dauer 
der Anwesenheit bei dieser letzteren und für die erforderlichen Reisetage eine Tagesgebühr 
von 12 M. und nebstdem den Ersatz der ausgewendeten Reisekosten 5. 
§ 42. VI. Geschäftsformen bei der Thätigkeit der Landstände. I. Die allgemeinen 
Grundsätze bezüglich der Geschäftsformen der Kammern sind durch die Verfassung fest- 
gestellt. Dies gilt insbesondere von deren Verkehr nach außen. Die Einzelheiten der Ge- 
schäftsbehandlung innerhalb jeder Kammer ist jede derselben durch ihre Geschäftsordnung 
— sovweit sie die Stellung der großherzoglichen Regierung berührt, im Einverständniß mit 
dieser — festzustellen befugt"). Folgende allgemeine Grundsätze sind hervorzuheben: 
1. Im Verhältniß zur großherzoglichen Regierung. Die Minister und Mitglieder 
des großherzoglichen Staatsministeriums und großherzoglichen Kommissarien haben jederzeit 
bei öffentlicher und geheimer Sitzung der Kammern Zutritt und müssen bei allen Dis- 
kussionen gehört werden, wenn sie es verlangen 5). ç 
Wenn eine Vorberathung in einem besonderen Ausschuß stattfindet, so treten zur 
vorläufigen Erörterung der Entwürfe die landesherrlichen Kommissarien mit den ständischen 
Ausschüssen zusammen, so oft es von der einen oder anderen Seite für nothwendig er- 
achtet wird. Keine wesentliche Abänderung in einem Gesetzentwurf kann getroffen werden, 
die nicht mit den landesherrlichen Kommissarien in einem solchen gemeinschaftlichen Zu- 
sammentritt erörtert worden ist). 
2. Im Verhältniß der beiden Kammern zu einander. Jede Kammer ist berechtigt, 
an den ihr Seitens der großherzoglichen Regierung oder Seitens der anderen Kammer 
zugegangenen Gesetzesentwürfen oder Vorschlägen irgend einer Art Aenderungen vorzunehmen, 
und theilt alsdann den Entwurf in der von ihr angenommenen Fassung der anderen 
Kammer mit. Dieses Verfahren kann so lange wiederholt werden, bis beide Kammern sich 
verständigt haben. 
Eine Ausnahme findet bei den die Finanzen betreffenden Entwürfen statt. Hierüber 
bestimmt die Verfassung: 
„Jeder die Finanzen betreffende Gesetzesentwurf geht zuerst an die Zweite Kammer, 
und kann nur dann, wenn er von dieser angenommen worden, vor die Erste Kammer 
1) V. U. § 49. R.Einf. Ges. z. R. Str. Pr. O. § 6 Ziff. 1. Vgl. R.V. Art. 31. « 
Als „versammelt“ gilt der Landtag von dem Tage, auf den er einberufen ist, bis zum Tage 
der Schließung oder der Auflösung oder vom Landesherrn ausgesprochenen Vertagung. Vgl. V. U. 88§ 51, 5V. 
2) V. U. § 69. Den Wortlaut des Eides s. o. Anm. 6 zu § 32. 
3) Ges. v. 10. Febr. 1874, G.u.V.Bl. Nr. VI, S. 65, Art. 1. — Als Reisen, deren Kosten 
zu ersetzen und für welche Tagesgebühren zu gewähren find, gelten diejenigen, welche durch die Ein- 
berufung oder durch eine Vertagung, Beurlaubung oder Auflösung der Ständeversammlung veran- 
laßt werden. Ebendas. Art. 2. Z 
Als „anwesend“ im Sinne des angef. Ges. gelten rechtlich die Kammermitglieder vom Tage 
ihres Eintreffens am Sitzungsort bis zum Tage des Schlusses, der Auflösung oder landesherrlichen 
Vertagung des Landtages, vorausgesetzt, daß sie nicht persönlich beurlaubt find. Der Vertragung wird 
thatsächlich die Präfidialvertagung (Beurlaubung) der einen oder anderen Kammer gleich behandelt. 
Näheres s. Erst. K. v. 1893/94. Beil. H. S. 62. 
4) Ueber die Feststellung der jetzigen Gesch.O. d. Erst. K. s. Erst. K. 1873/74, Pr. H. S. 62; 
Heisl . 102; der Zw. K. s. Zw. K. 1869/70, Pr. H. S. 143; IV. Beil. H. S. 364; 1879/80, Pr. 
5) V. U. § 76, Abf. 1. 6) V. U. § 76. Abs. 2.
	        
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