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hierzu beauftragt werden; die Kammern mit dem Großherzog durch ihre Präsidenten; die
Kammern unter sich ebenfalls durch ihre beiderseitigen Präsidenten.
Die Kammern beschließen die Annahme oder Nichtannahme eines Gesetzesvorschlages
mit den Worten:
„Die Kammer nimmt den Gesetzesvorschlag an“,
oder
„Die Kammer nimmt den Vorschlag nicht an.“
Ueber die Nichtannahme eines Gesetzesvorschlags erfolgt an das Staatsministerium
keine Mittheilung.
Nach erfolgter Annahme wird der Entwurf, so wie er angenommen wurde, redigirt,
und ein von dem Präsidenten und den Sekretären unterzeichnetes Exemplar dem groß-
herzoglichen Staatsministerium übergeben.
Landesherrliche Gesetzesvorschläge werden, nach erfolgter Annahme von beiden Kammern,
jedesmal von derjenigen Kammer dem großherzoglichen Staatsministerium übergeben, welcher
der betreffende Gesetzesentwurf zuerst vorgelegt worden ist.
Wenn eine Kammer beschließt, den Großherzog um den Vorschlag eines Gesetzes zu
bitten, so hat sie ihren Beschluß der anderen Kammer mit dem Entwurf einer solchen
schriftlichen Bitte mitzutheilen, und erst nach erhaltener Antwort den Beschluß zu vollziehen.
Solche Anträge, welche von der einen Kammer der anderen mitgetheilt werden, sind
auf dieselbe Weise, wie landesherrliche Gesetzesvorschläge zu behandeln.
Der Präsident und die Sekretäre unterzeichnen die angenommenen landesherrlichen
Gesetzesvorschläge, die Gesuche, Vorstellungen und Beschwerden
„im Namen der unterthänigst treu gehorsamsten Kammer“.
Es wird des Einverständnisses der anderen Kammer erwähnt, und die Mittheilung
derselben über ihre Zustimmung beigelegt 7.
§ 43. VII. Der landständische Ausschuß. I. Unmittelbar vor dem Schlusse jedes
Landtages, ebenso vor jeder Vertagung desselben wird ein landständischer Ausschuß bestellt.
Er besteht aus dem seitherigen Präsidenten (bei dessen Verhinderung dem Vizepräsidenten)
der Ersten Kammer und drei anderen Mitgliedern derselben und sechs Mitgliedern der
Zweiten Kammer. Die Mitglieder desselben mit Ausnahme des Präsidenten der Ersten
Kammer werden in jeder Kammer durch relative Stimmenmehrheit gewählt.
Ihr Amt dauert je bis zum Zusammentritt des nächsten Landtages, sofern nicht
vorher eine Auflösung des Landtags erfolgt).
II. Die Wirksamkeit des ständischen Ausschusses ist eine genau abgegrenzte. Sie
beschränkt sich auf
A. diejenigen Gegenstände, welche durch die Verfassungsurkunde oder andere Ver-
fassungsgesetze ) ihm ausdrücklich zugewiesen sind. Es sind dies folgende:
1. Die Zustimmung zu Staatsanlehen, die durch ein außerordentliches unvorher-
gesehenes dringendes Staatsbedürfniß nöthig werden, sofern der Landtag nicht versammelt
ist und der Betrag des Anlehens die Summe von 500 000 fl. (J 857 142 Mk. 86 Pf.)
nicht übersteigt. Dem nächsten Landtag sind die gepflogenen Verhandlungen vorzulegen;
2. Mitwirkung bei Kriegsanlehen und Kriegssteuern;
3. Mitwirkung bei gewissen Operationen der Amortisationskasse und der Eisenbahn-
schuldentilgungskasse;
1) Gesch.O. d. Erst.K. 88 80—87; Zw. K. 88 90—97.
2) V. U. g 51.
3) V. U. § 51. Die allgemeine Zuweisung durch andere Gesetze (also außer dem unter B oben
erwähnten Fall) würde nicht genügen, da fie eine mittelbare Aenderung der Verfassung enthalten
würde.