Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

§45. Das Staatsministerium und die Minister. 79 
verschiedenheit zu erwägen, und falls ihnen dieselbe gewichtig genug erscheint, vom Amte 
zurückzutreten — was, der Verantwortlichkeit wegen jedem Mitgliede des Staatsministe- 
riums jederzeit freistehen muß. Derjenige Vorstand eines Einzelministeriums, welcher durch 
das letztere eine von dem großherzoglichen Staatsministerium beschlossene Maßregel durch- 
führen läßt, übernimmt für dieselbe die Verantwortlichkeit, auch wenn er im Staats- 
ministerium gegen dieselbe gestimmt haben sollte. 
In denjenigen — selteneren — Fällen dagegen, in welchen es sich darum handelt, 
daß in einer bestimmten einzelnen Angelegenheit die oberste Staatsverwaltungsbehörde 
ausspreche, was nach der bestehenden Gesetzgebung Rechtens ist, findet auch in dem groß- 
herzoglichen Staatsministerium eine Entscheidung nach Stimmenmehrheit statt; der dieselbe 
vollziehende, bei der Abstimmung etwa unterlegene Ministerialvorstand trägt nur für den 
richtigen Vollzug die Verantwortlichkeit. Letztere fällt den Mitgliedern der Mehrheit zu. 
Die Geschäftsaufgabe des Staatsministeriums als des Vereinigungspunktes sämmt- 
licher Ministerien1), läßt sich im Wesentlichen dahin zusammenfassen, daß demselben zusteht: 
auf dem Gebiete der Gesetzgebung: 
die Feststellung der an die Landstände zu machenden Vorlagen, einschließlich der- 
jenigen über den Staatshaushalt, die Entschließung über die Bestätigung von den Land- 
ständen berathener Gesetzesvorschläge, die Erlassung provisorischer Gesetze; 
auf dem Gebiete der Vollziehung: 
die Einleitung des Vollzugs der Gesetze durch Erlassung der erforderlichen Verord- 
nungen, Schaffung der erforderlichen Einrichtungen und Bestellung des nothwendigen 
Personales, die Aufsicht über den wirklichen Vollzug der Gesetze, sowohl auf dem Gebiete 
der Rechtsprechung durch Beaufsichtigung, als auf dem Gebiete der Verwaltung durch 
Oberleitung derselben, insbesondere durch eigenes Einschreiten bezw. Beschlußfassung bei 
Meinungsverschiedenheit unter den verschiedenen Ministerien, auf Beschwerde einzelner Be- 
theiligten oder in besonders durch die Gesetzgebunz bestimmten Fällen?) 
2. mit Unterordnung unter das Staatsministerium sind alle Staatsgeschäfte ihrem 
Gegenstande und der Richtung der Staatsthätigkeit nach in wenige große Gruppen geordnet, 
und zwar je nachdem die letztere gerichtet ist; 1) auf die besonderen Verhältnisse des 
Staatsoberhauptes und des großherzoglichen Hauses und die Beziehungen des Großherzog= 
thums nach Außen; 2) auf die Erhaltung und nöthigenfalls Wiederherstellung eines geord- 
neten Rechtszustandes; 
3. auf die Sicherung und Förderung der Wohlfahrt der im Staate vereinigten 
Persönlichkeiten in allen ihren geistigen und wirthschaftlichen Interessen, endlich 
4. auf die Beschaffung und Verwaltung der dem Staate zur Erfüllung seiner Auf- 
gaben nöthigen äußeren, namentlich geldlichen Mittel. Diese Gruppirung ist jedoch nicht 
1) Org. Resk. v. 26. Nov. 1869, Reg. Bl. Nr. XLIX, S. 395, Ziff. 13. 
2) Vgl. d. angef. Org.Resk. Beil. F. VI; ldh. Verord. v. 20. Okt. 1849, die Aufhebung des 
Staatsraths betr., Reg. Bl. Nr. LXVIII, S. 543. · 
Ueber den Geschäftsgang im Großherzogl. Staatsministerium s. ldh. Verord. v. 6. Aug. 1817, 
Reg. Bl. Nr. XX, S. 73. Die (solennen) Ausfertigungen des Staatsministeriums ergehen, in der 
mehreren Zahl gefaßt unter dem Titel des Großherzogs mit dem Schluß: „Gegeben Karlsruhe im 
großherzoglichen Staatsministerium“", und müssen — außer der Gegenzeichnung durch ein Mitglied 
oder mehrere Mitglieder des Staatsministeriums — durch das vidit des protokollführenden Sekretärs 
des Staatsministeriums unter der Formel: „Auf Befehl Seiner Königlichen Hoheit“ („auf Seiner 
Königl. Hoheit höchsten Befehl") beglaubigt sein. Bloße Benachrichtigungen, Belehrungen, Bekannt- 
machungen 2c. 2c. können auch in der Dekretsform („Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben 
mit höchster Staatsministerialentschließung vom 2c. gnädigst geruht“ 2c. 2c.) erlassen werden. Angef. 
Verord. v. 6. Aug. 1817. · » 
Die Bureaugeschäfte des großherzoglichen Staatsministeriums werden durch die Kanzleibeamten 
des Ministeriums des großherzoglichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten besorgt.
	        
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