Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

8 46. Das Staatsministerium und die Minister. 81 
3. Aus dem oben über die rechtliche Stellung der Minister und übrigen Mitglieder 
des Staatsministeriums Gesagten ergibt sich, daß die Ernennung derselben, wie ihre Ent- 
hebung von ihrem Amte ausschließlich ein Recht der Krone ist, als Regierungshandlung 
zwar der Gegenzeichnung eines verantwortlichen Ministers bedarf, aber keiner staatsrecht- 
lichen Einwirkung Seitens der Landstände unterliegt. Ob der Landesherr bei der Frage 
der Ernennung oder Beseitigung eines Ministers auf Wünsche oder Abstimmungen der 
Landstände oder eines Theiles derselben irgend welche Rücksicht nehmen will, ist lediglich 
Sache seiner eigenen Regentenweisheit. » 
Jeder Minister ist „etatmäßiger Beamter“ im Sinne des Beamtengesetzes: seine 
Dienstbezüge sind in der Gehaltsordnung festgestellt ); er unterliegt den für Beamte im 
Allgemeinen geltenden Bestimmungen sowohl bezüglich der Rechte als der Pflichten. Er ist 
sonach auch in den sein besonderes Amt betreffenden Verhältnissen dem Landesherrn Ge- 
horsam schuldig — unbeschadet seiner Befugniß, die Verantwortung für einzelne Regie- 
rungshandlungen durch Versagung der Gegenzeichnung abzulehnen. Ihrer besonderen 
Stellung wegen aber können die Minister der obersten Staatsbehörde auch ohne daß die 
allgemeinen Voraussetzungen für die Zuruhesetzung von Beamten vorliegen, und ohne Ein- 
haltung des sonst für eine solche vorgeschriebenen Verfahrens jederzeit in den einstweiligen 
Ruhestand versetzt werden und die einstweilige Zuruhesetzung nachsuchen . 
Wegen Verletzungen der Amtspflicht würden auch auf die Mitglieder der obersten 
Staatsbehörde die allgemeinen Bestimmungen über das Disziplinarverfahren Anwendung 
finden, da das Gesetz — das übrigens die Einleitung des Disziplinarverfahrens durch 
das zuständige Ministerium voraussetzt — sie hiervon nicht ausschließt. Doch wird ein 
Einschreiten dieser Art schwerlich je vorkommen. Dagegen hat die Verfassung s) zur Durch- 
führung des Grundsatzes der Ministerverantwortlichkeit die Möglichkeit einer förmlichen 
Anklage der Minister gegeben und ist durch ein besonderes Gesetz“) das hierbei einzu- 
haltende Verfahren geordnet worden. 
Als Beschuldigungen, wegen der die Anklage erfolgt, bezeichnet die Verfassung ') 
„eine durch Handlungen oder Unterlassungen wissentlich oder aus grober Fahrlässigkeit 
begangene Verletzung der Verfassung oder anerkannt verfassungsmäßiger Rechte oder schwere 
Gefährdung der Sicherheit oder Wohlfahrt des Staates“. 
Es bietet hiernach keineswegs jede Gesetzesverletzung oder ungerechtfertigte Regie- 
rungshandlung Grund zur Anklage, sondern nur eine Verletzung der Landesverfassung selbst 
oder der unter ihren besonderen Schutz gestellten Einzelrechte oder schwere, den Staat oder 
die Volkswohlfahrt gefährdende Mißregierung. 
Die Verfolgung von Verbrechen oder Vergehen, welche dem R. Str. G. B. unterliegen, 
ist nicht Sache dieser Anklage. Hierüber s. u. 
Das Anklagerecht steht nur der Zweiten Kammer zu. Es wird durch die Entfernung des 
Angeklagten vom Dienste, mag sie vor oder nach erhobener Anklage erfolgen, nicht beseitigt. 
zweige die Kanzleibeamten zugewiesen werden sollen. Hchst. Entschl. a. Gr. Staatsmin. v. 21. Juni 
1861, Nr. 783/84. Dazu Bekanntm. d. Staatsmin. v. 21. Juni 1861, Reg. Bl. Nr. XXXI, S. 203. 
1) Nach Gehaltstarif Abth. A. 1. Minister, Ministerialpräsidenten, stimmführende Mitglieder 
des Staatsministeriums Gehalt je 12000 Mark, daneben erhalten Dienstzulagen: Minister jährlich 
6000 Mark, Ministerialpräsidenten jährlich 4000 Mark. Außerdem erhält derjenige Minister oder 
Ministerialpräsident, welchem die Repräsentation übertragen ist, einen Repräsentationsgehalt von jährlich 
10000 Mark. 
2) Beamt. Ges. § 32. 
3) S. o. § 39. 4 
4) Vom 11. Dez. 1869, G. u. V. Bl. Nr. XXXIV, S. 542, in der durch d. Ges. v. 3. März 
1879, die Einführung der Reichsjustizgesetze r2c. 2c. betr., G. u. V. Bl. Nr. X, S. 91, bewirkten Fassung. 
5) V. U. § 67 a. 
Handbuch des Oeffentlichen Rechts. III. 2. Aufl. Baden. 6
	        
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