Full text: Sächsische Volkskunde.

Ed. O. Schulze: Verlauf und Formen der Besiedelung des Landes. 125 
in jedem ihrer Stücke zugänglich ist. An diesen Wegen, die wie Blattrippen 
von der Thalsohle nach beiden Seiten ausgehen, ist solch Reihendorf auf 
jeder Karte größeren Maßstabes, besonders auf denen des vortrefflichen Atlas 
von Oberreit, sofort zu erkennen. Natürlich erforderte die Bestellbarkeit 
der Felder sowie die Fahrbarkeit der Wege (abgesehen von etwa in gleicher 
Weise wirkender Konfiguration des Bodens), daß die Hufen nicht geradlinig 
angelegt wurden, wie etwa die Hagenhufen in der Ebene (und die vlämischen 
Hufen bezw. die holländischen Marschhufen); sondern in mannigfachen Win- 
dungen, je nach der Steilheit der Berglehne, steigen sie diese hinan. 
Auf diesen Waldhufen, die überall dem Besitzer jederzeit zugänglich 
waren, konnte natürlich der Flurzwang, soweit es sich um Bestellung be- 
stimmter Flächen mit derselben Frucht und zur selben Zeit handelte, in Weg- 
fall kommen. Hier war also zuerst individueller Wirtschaftsbetrieb, Anbau 
von Brachfrüchten, von Handelsgewächsen u. s. w. ganz nach Belieben des 
Wirtes ermöglicht. 
Zum Schluß mag noch eine Mischform erwähnt werden, die besonders 
in der Lausitz (z. B. im Kamenzer Bezirk) öfters sich findet: die Verbindung 
von Runddorf oder weitläuftiger gebautem Straßendorf mit Waldhufen. 
Im ersteren Falle ziehen die Hufenstreifen von den zugehörigen Ge- 
höften strahlenförmig hinaus, am Dorfe ganz schmal beginnend, dann all- 
mählich mehr und mehr sich verbreiternd. Ahnlich im (häufigeren) zweiten 
Falle, wo das locker gebaute Dorf beinahe den Eindruck eines kurzen Reihen- 
dorfes macht. Wie bei diesem gehen die Waldhufen von den zugehörigen 
Höfen aus bis zur Grenze der Gemarkung, erst schmal, dann stetig an Breite 
zunehmend. So umziehen sie fächerförmig das Dorf bis auf eine Endseite, 
auf der dann gewannartig aufgeteiltes Nebenland oder häufiger noch (wie 
auch im ersten Fall) der aus großen Blöcken bestehende Komplex der herr- 
schaftlichen Ländereien sich ausbreitet. 
Die Einzelhöfe und Weiler, die vereinzelt im Gebirge sich finden, be- 
dürfen ebenso wenig einer weiteren Erörterung, wie die Arbeiterkolonien und 
die auf Wiesenplänen des höheren Gebirges vorkommenden zerstreuten Wald- 
dörfer, die eigentlich aus einer Anzahl kleiner, auf Viehwirtschaft und Wald- 
arbeit angewiesener Einzelhöfe bestehen. Sie gehören übrigens fast durchweg 
einer spätern Zeit an, als hier behandelt werden soll.
	        
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