Full text: Sächsische Volkskunde.

2. Suchsens vorgeschichtliche Zeit. 
Von J. V. Deichmüller. 
Die historischen Nachrichten, welche über die Vergangenheit unseres 
Sachsenlandes und seiner Bevölkerung berichten, reichen kaum ein Jahr- 
tausend zurück. Sage und Überlieferung aber wie die zahlreichen im heimat- 
lichen Boden gefundenen, zweifellos von Menschenhand bearbeiteten Gegen- 
stände unbekannter Herkunft bezeugen, daß unsere Heimat bereits zu einer 
Zeit, welche weit vor dem Beginn der Geschichte zurückliegt, von einer auf 
verhältnismäßig hoher Kulturstufe stehenden Bevölkerung bewohnt war. 
Das erste Auftreten des Menschen in Europa fällt in eine geologische 
Periode, welche der jetzigen vorangegangen ist, in das Diluvium. Damals 
war der Norden unseres Kontinentes bis in die gemäßigte Zone herab 
mit Eis bedeckt, die Gletscher der Alpen erstreckten sich weit in die nördlich 
vorliegenden Länder und wahrscheinlich waren auch einzelne der mittel- 
europäischen Gebirge selbst vergletschert, so daß nur ein kleiner Teil von 
Mitteleuropa eisfrei war.) Auf diesem Raume konzentrierte sich das damalige 
organische Leben, hier hauste eine Tierwelt, welche, wie das Mamuth, das 
Rhinozeros und die großen Höhlenraubtiere, heute ausgestorben oder, wie 
das Rentier, nach dem hohen Norden ausgewandert ist. In diesem Ge- 
biete begegnet man auch den ältesten Spuren des Menschengeschlechts, dessen 
niederer Kulturzustand durch die von ihm benutzten rohen Gerätschaften ge- 
kennzeichnet wird. Als Waffen und Werkzeuge dienten dem diluvialen 
Menschen die Unterkiefer großer Raubtiere oder Flußgerölle, denen er durch 
Zuschlagen passende Formen gab; Messer und Schaber gewann er durch Ab- 
spalten langer Späne von Feuersteinknollen; Geweihe vom Hirsch und 
Rentier benutzte er als Hacken. Seine Wohnstätten schlug er zum Teil in 
den Höhlen der Gebirge auf; Ackerbau und Viehzucht waren ihm noch un- 
bekannt; von der schon in der folgenden vorgeschichtlichen Periode so hoch 
entwickelten Töpferei fehlt in den ältesten menschlichen Niederlassungen noch 
jede Spur. 
Der Norden von Deutschland bis an die mitteldeutschen Gebirge heran 
war in dieser frühen Zeit, welche geologisch als die Eiszeit, vorgeschichtlich 
*) A. Penck in Archiv für Anthropologie, Bd. XV, 1884, S. 211, Taf. III—IV.
	        
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