Kirchenrecht. 511
nung, Verweis), 2. Entziehung der Eigenschaft als Privatdozent. Zur
Verhängung sind befugt außer dem Unterrichtsminister die Fakultät;
der Entziehung der Eigenschaft als Privatdozent muß ein förmliches
Disziplinarverfahren vorangehehen (§ 5); zur Einleitung ist außer dem
Unterrichtsminister die Fakultät befugt; Untersuchungskommissar ist der
Universitätsrichter. Entscheidende Behörde erster Instanz ist die Fakultät
als Provinzialbehörde im Sinne G. 21. 7. 52 (davon, daß zweite In-
stanz das Staatsministerium ist, steht nichts im Gesetz). Wegen der tech-
nischen Hochschulen vgl. die entspr. Allerh. VO. 3. 12. 08 (GS. 219).
Wegen Zulassung der Frauen zu den Universitäten vgl. ME. 18. 8.
08 u. 23. 9. 08 (U Bl. 691 u. 819); zu den technischen Hochschulen
ME. 14. 4. 09 (U ZBl. 402).
XIV. Kirchenrecht.
Soweit im Nachstehenden nichts Näheres angegeben, beziehen sich die Paragraphen
auf ALFK. II, 11. — Die hauptsächlichste Rechtsquelle des Kirchenrechtes bildet
auch heute noch der von „Kirchen= und geistlichen Gesellschaften“ handelnde
Teitet 11 ALR. Teil II.
I. Allgemeine Grundsätze und Begriffe. Sofort aus den
ersten Paragraphen des Preußischen Kirchenrechtes klingt der sonore Ton
der Gewissensfreiheit herüber; Gewissensfreiheit, Gedankenfreiheit, Toleranz
des Fridericianischen Geistes, glücklich vorüber lanciert bei dem Minister
Wöllner, den der große König einen „tbetriegerischen und intriguanten
Pfaffen“ genannt hatte, und der nun bei der Publikation des Landrechts
gerade am Regiment sein mußte. „In meinen Staaten leben alle Religions-
gemeinschaften in Frieden und tragen gleichmäßig bei zum Glücke des
Staates. Falscher Religionseifer entvölkert die Landschaften, Duldung
hingegen ist eine zärtliche Mutter, welche sie pflegt und zur Blüte bringt.
Heuchler sind ein verleumderisches Geschlecht, welches sein Gift über die
Tugend ausgießt, seine eigenen Laster aber heiligt.“ Solche Lehren ihres
königlichen Auftraggebers haben den Verfassern des Landrechts zur Richt-
schnur gedient: Jedweder Einwohner des Staates hat vollkommene
Glaubens= und Gewissensfreiheit; über seine Privatmeinungen
in Religionssachen darf ihm niemand, auch der Staat nicht, Vorschriften
machen, ihn deswegen beunruhigen oder verfolgen. Selbst der Staat darf
ihn zur Angabe seiner Religionspartei nur dann auffordern, wenn die
Gültigkeit gewisser bürgerlicher Handlungen davon abhängt (88 1—6
AL R. II, 11). Der Art. 12 der Preußischen Verfassung 31. 1. 50 garan-
tiert von neuem die Unabhängigkeit der bürgerlichen und staatsbürgerlichen
Rechte vom religiösen Bekenntnisse; dasselbe geschieht durch das Bundes G.
3. 7. 69 (BGl. 292).
Auch wenn sich mehrere zu Religionsübungen verbinden, bedarf es
nach jenem Art. 12 der Genehmigung des Staates (§ 10 ALR. II, 11)
nicht mehr; es gelten lediglich die Vorschriften des Vereins G. 19. 4. 08.
Das Kirchenrecht zerfällt in ein öffentliches und privates.
I. Offentliches Kirchenrecht:
v Außeres. Erst bei den „Kirchengesellschaften", welche sich zur