Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

50 Staats- und Verwaltungerecht. II. Buch. 
  
(Fabriken, Bergwerke) veranlaßten außerordentlichen Abnutzung und Schädigung solcher 
Wege. 
9.Eine bessere Gestaltung der Tierheilkunde bezweckte die Verordnung (1911) 
über Einrichtung einer besonderen Standesvertretung der Tierärzte durch Tierärzte- 
kammern, die für jede Provinz errichtet und mit Disziplinargewalt über die Tierärzte 
der Provinz ausgestattet wurden, sowie eines Tierärztekammerausschusses für den ganzen 
Staat. 1910 war bereits ein Landesveterinäramt nebst einem ständigen Beirat für BVete- 
rinärwesen errichtet worden. 
h) Behufs Erfüllung der reichsgesetzlichen Versicherungspflicht auf dem Gebiete 
der Landwirtschaft wurden 1902 landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften für jede 
Provinz, eingeteilt in Sektionen für den Umfang des Kreises, errichtet und 1912 gemäß 
der neuen Versicherungsordnung umgestaltet. 
i) Dem ästhetischen Znteresse an der Erhaltung schöner Landschaftsbilder dienen 
die Gesetze von 1902 und 1907, durch welche Fürsorge dahin getroffen wurde, daß durch 
polizeiliche Maßregeln die Verunstaltung der Landschaft durch Bauten, Reklameplakate 
und dgl. untersagt werden kann. 
k) Endlich hat die Staatsgesetzgebung die Fürsorge für den landwirtschaftlichen 
Kredit in umfassender Weise betätigt durch Errichtung einer Zentralgenossenschaftskasse 
(1895), deren Kapital 1896 auf 20, 1898 auf 50, 1909 auf 75 Millionen Mark festgesetzt, 
und deren Tätigkeit der Aufsicht der Oberrechnungskammer unterstellt wurde; ihre Auf- 
gabe ist die Gewährung von Kredit an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, land- 
und ritterschaftliche Darlehnskassen und ähnliche von den Provinzen errichtete Institute, 
die ihrerseits den Einzelkredit an Landwirte zu vermitteln haben. Das landwirtschaft- 
liche Genossenschaftswesen, durch die Gesetzgebung des Staates mächtig gefördert, hat 
sich von 500 Genossenschaften i. Z. 1888 auf über 26 000 gesteigert. 
7. Has Wasserwesen. In höchst umfassender Weise waren in letzter Zeit die 
Wasserverhältnisse im Staate Gegenstand der Landes- 
gesetzgebung teilweise im Zusammenhang mit gesetzgeberischen Maßnahmen des Reiches, 
die auf Grund der Reichsverfassung erfolgten. 
a) In Ergänzung der staatlichen Verwaltungstätigkeit werden „zur beratenden 
Mitwirkung bei dem Bau und Betriebe der nach dem Wasserstraßengesetz vom 1. April1905 
herzustellenden und auszubauenden Wasserstraßen“ Beiräte aus Sachverständigen ein- 
gerichtet und für das ganze Wasserstraßennetz des Staates ein Gesamtwasserstraßen- 
beirat gebildet. In Analogie der Eisenbahnräte sollen diese Wasserstraßenbeiräte alle 
Fragen des Wasserverkehrs beraten und der Regierung die erforderlichen Vorschläge 
hierfür machen. 
b) Der Verkehr auf den großen Wasserstraßen wurde durch Gesetze und Staats- 
verträge verbessert und erleichtert, so besonders durch einen großen Staatsvertrag mit 
Hamburg (1908) über Regulierung der Elbe und die Schiffahrt auf der Elbe nach Ham- 
burg, Altona und Harburg, sowie Staatsverträge mit Bremen (1904, 1906) über die 
Schiffahrt auf der Weser. 
  
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