Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
6 Oas Heerwesen. IV. Buch. 
Schießübungsgelder erhöht und Mittel für die Ausbildung der Offiziere des Beurlaubten- 
standes der Feld- und Fußartillerie bereitgestellt werden. 
Die Vorlage wurde jedoch vom Reichstage abgelehnt, obgleich sich die Heeres- 
verwaltung bemüht hatte, alles so billig wie möglich einzurichten. Der neugewählte 
nahm sie dann mit geringer Mehrheit an, nicht ohne erhebliche Abstriche gemacht zu 
haben. Am 3. August 1893 erhielt sie Gesetzeskraft. 
Die Vermehrung der Kavallerie war abgelehnt, ein Pionierbataillon gestrichen, 
der Mannschaftsbestand auf nur 479 229 Köpfe festgesetzt worden. Die Stellen der 
Offiziere, Sanitätsoffiziere, Beamten und Unteroffiziere sollten der Feststellung des 
Reichshaushaltsetats unterliegen. Die Ubungen der Ersatzreserve kamen in Fortfall, 
um einer Uberbürdung des Ausbildungspersonals vorzubeugen. Die Armee sollte fortan 
bestehen aus 538 Bataillonen Infanterie und 173 desgleichen Halbbataillonen, die im 
Kriegsfall zu ganzen Bataillonen ergänzt werden sollten, 465 Eskadrons, 494 Feld- 
batterien, 37 Fußartillerie-, 25 Pionier-, 7 Eisenbahn- und 21 Train-Bataillonen. Die 
Mannschaften der Kavallerie und reitenden Artillerie, die drei Zahre bei der Fahne 
blieben, sollten mur drei Zahre der Landwehr ersten Aufgebots angehören. Das Gesetz 
sollte Gültigkeit haben bis zum 31. März 1899. Damit vollzog sich der Ubergang vom 
Septennat zum Quingquennat. Die HOHauer der Festlegung wurde derjenigen der 
Legislaturperioden des Reichstages gleichgestellt. 
Eine Uberlastung des Volkes trat mit dem neuen Gesetz nicht ein. Trotz= 
dem 1893 97028 Mann dem Landsturm und 80 352 der Ersatzreserve Überwiesen wurden, 
blieben doch 8550 Mann, 1894 sogar 14 022 Mann völlig tauglicher Leute überzählig. Die 
Ausgaben für Heer und Flotte aber betrugen nach Durchführung der Heeresvorlage 
13,8 M. auf den Kopf der Bevölkerung, gegen 18,8 M. in Frankreich. 
In den folgenden Jahren traten nur geringe Veränderungen ein. Die Fußartillerie 
wurde 1895 in zwei Inspektionen und vier Brigaden gegliedert. Im gleichen Jahre 
wurden beim Garde-, I. und XV. Korps Meldereiterdetachements aus Abgaben der 
Kavallerie gebildet, 1896 ein solches beim llI. bayerischen Korps. Beim Train wurden 
zwei Bespannungsabteilungen (schwere Pferde) für die Fußartillerie aufgestellt, wie 
deren seit 1891 schon zwei versuchsweise bestanden. Am 1. April 1897 wurden aus den 
175 Halbbataillonen 86 Vollbataillone gebildet, die im allgemeinen in Regimenter zu 
2 Bataillonen und Brigaden zu 2 Regimentern formiert wurden. Diese Brigaden wurden 
in der Regel als fünfte den betreffenden Korps angegliedert. Diese Maßregel, die die 
Ausbildung erleichterte, hatte anderseits den Nachteil, daß die für die Aufnahme der 
Mobilmachungsmannschaften vorhandenen Rahmen wesentlich verringert wurden. Das 
machte für den Mobilmachungsfall eine vermehrte Neuaufstellung von Truppen nötig, 
war jedoch nicht zu umgehen. 1897 und 1898 wurden die Meldereiterdetachements — 
jetzt als Jäger zu Pferde bezeichnet — um drei vermehrt und erhielten die Stärke von 
Eskadrons. 1897 erfolgte die Aufstellung von drei neuen Bespannungsabteilungen. 
1898 wurde die Stellung eines Generalinspekteurs der Kavallerie geschaffen und die 
Zahl der Inspekteure auf vier erhöht. 
Am Ende des Jahres 1898 bestand die Armee aus 624 Bataillonen Infanterie, 
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