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berufenen Beamten eine besondere, selbständigere Stellung eingeräumt ist.1
Man mag auf Grund dieser selbständigeren Stellung von einer Tren-
nung von Justiz und Verwaltung sprechen. Niemals aber wird man
die Justiz dem Staatsoberhaupt und den gesetzgebenden Körperschaften
als eine ganz unabhängige Macht oder Gewalt gegenüberstellen können.
Die Gerichte sollen ganz frei und selbständig urteilen; sie müssen sich
aber andrerseits auch in den ordentlichen Organismus des Staates
als ein dem Staatsoberhaupt untergeordnetes Glied einfügen.? Daß
dies in Hamburg nicht weniger als in anderen, monarchischen Staaten
der Fall, ergiebt sich aus dem obenerwähnten Art. 19 der hamburgischen
Verfassung, welcher eine notwendige Ergänzung des den Gerichten die
richterliche Gewalt übertragenden Art. 6, Abs. 2 ist.
Wolffson folgert aus dem mehrerwähnten Art. 6 der Ver-
fassung, demzufolge die höchste Staatsgewalt Senat und Bürgerschaft
gemeinschaftlich zusteht, die richterliche Gewalt aber von den Gerichten
ausgeübt wird, „daß die richterliche Funktion nicht im Namen der
Regierung, sondern von den Gerichten kraft ihrer verfassungsmäßig
selbständigen Stellung ausgeübt wird.“ „Die Urteile hamburgischer
Gerichte,“ so fährt er fort, „enthalten deshalb auch keine Wendung,
welche der Eingangsformel, deren sich die Gerichte in deutschen Mon-
archien zu bedienen pflegen („Im Namen des Königs“ u. s. w.) ent-
spricht.“s Diese Argumentation, welche übrigens, wie auch Wolffson
hervorhebt, von rein theoretischer Bedeutung ist“, kann dem oben
1 G. Meyer unterscheidet zwischen der Gesetzgebung und der Verwaltung
im weiteren Sinne. „Die letztere zerfällt in die Rechtspflege, d. h. die auf die
Aufrechterhaltung der Rechtsordnung gerichtete Thätigkeit, und die Verwaltung
im engeren Sinne, d. h. die Sorge für die Staats- und Volksinteressen.“ (Lehr-
buch des Deutschen Verwaltungsrechts, Tl. 1, 1883, S. 1.)
* Bluntschli sagt: Die Sonderung des Gerichts von dem Regimente
in der Verfassung des Staats ist als ein Hauptgrundsatz des neueren Staats nun
ziemlich allgemein anerkannt: die Sonderung, nicht die absolute Trennung, denn
in dem Staatsoberhaupte einigt sich mit der vollen Regierungsmacht die formelle
Spitze der Gerichtsbarkeit als in einem gemeinsamen Centrum. (Allg. Staats-
recht, 5. Aufl., 1876, S. 304.
? Wolffson, a. a. O. S. 11. Ebenso Grotefend, Das Deutsche Staats
recht der Gegenwart, S. 781.
4 Wolffson sagt weiter: „Aber auch dieser Unterschied hat angesichts der
unabhängigen Stellung deutscher Gerichte auf Grundlage des deutschen Gerichts-