344 Die technischen Wissenschaften. X. Buch.
Wo die Anlage neuer Eisenbahnlinien in
Frage kam, diente sie fast ausschließlich dem
Verengern der Maschen des Hauptbahnnetzes
durch Neben- und Kleinbahnen. Zn erster Linie aber standen die Maßnahmen zur
Erhöhung der Leistungsfähigkeit der vorhandenen Hauptbahnlinien sowohl durch
umfängliche bauliche Verbesserungen und Ergänzungen der Strecken- und der Bahn-
hofsanlagen als auch durch technische Vervollkommnungen der Betriebsmittel und Be-
triebseinrichtungen.
Erhöhung der Leistungsfähigkeit
der Hauptbahnen
9 Milliarden M. sind in den letzten 25 Jahren für
die Eisenbahnen im Deutschen Reiche verausgabt
worden; die Betriebslänge an vollspurigen Haupt- und Rebenbahnen ist von 40 400 km
im Jahre 1888 auf etwa 63000, einschließlich der nebenbahnähnlichen Kleinbahnen auf
ungefähr 75 000 km im Zahre 1913 gestiegen. Die Dichte des deutschen Eisenbahnnetzes
mit 134 km Bahnen auf 1000 qkm wird nur noch von Belgien mit 288 km auf 1000 qkm
übertroffen. Vor allem ist in diesem Vierteljahrhundert der segensreiche Ausbau des
deutschen Neben- und Kleinbahnnetzes bewirkt worden. Das Anlagekapital dieser
Bahnen untergeordneten Ranges, die im Jahre 1888 nur in Anfängen vorhanden
waren, beträgt gegenwärtig insgesamt etwa 1800 Millionen M. bei rund 16000 km
Bahnlänge.
Neben-- und Kleinbahnen.
Eine ebenso lebhafte Entwicklung zeigen seit 1894 auch die
deutschen Kolonialeisenbahnen, deren Bahnlänge jetzt das vierte
Tausend Kilometer bereits erreicht hat.
Aberall haben in den letztverflossenen 25 Zahren bei den Eisenbahnen, insbesonders
aber auf deren technischen Gebieten, zahlreiche und umfassende Neuerungen und Ver-
vollkommnungen zur Erreichung der notwendig gewordenen Steigerung der Leistungs-
fähigkeit Patz gegriffen. Nur einiger Hauptpunkte sei hier gedacht.
Kolonialbahnen.
Die Haupteisenbahnlinien Deutschlands waren im
Jahre 1888 in den Elementen ihrer baulichen An-
lagen, vor allem in den Steigungs- und Krümmungsverhältnissen für größte Ge-
schwindigkeiten der verkehrenden Personenzüge von 60—80 km /(Stunde bemessen. Der
immer lebhafter auftretenden Forderung nach Abkürzung der Reisezeiten nachgebend,
ist im Laufe der letzten Jahrzehnte die unter günstigen Streckenverhältnissen zulässige
größte Geschwindigkeit der Züge bis auf 115 km Stunde gesteigert worden, nach-
dem der sich stetig verbessernde Allgemeinzustand der Bahnen dies als angängig er-
scheinen ließ, und gleichzeitig wurde auch die obere Grenze der in der Regel zu-
lässigen Geschwindigkeit der Personenzüge auf 90 km erhöht. Heute steht die durch-
schnittliche Reisegeschwindigkeit der deutschen Schnellzüge mit bis zu 88 km /Stunde
hinter den auf ausländischen Bahnen zu beobachtenden Ourchschnittsgeschwindigkeiten
nicht mehr zurück.
Geschwindigkeit der Züge.
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