Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
354 Die technischen Wissenschaften. X. Buch. 
  
Seehäfen. Die heimischen Seehäfen sind den über Erwarten schnell gestiegenen 
— Anforderungen der Seeschiffahrt in einer glänzenden Entwicklung ge- 
folgt. Hamburg konnte sich zum ersten Seehafen des Kontinents aufschwingen und auch 
Bremen und Emden, sowie an der Ostsee Lübeck, Stettin, Danzig und Königsberg 
sind mit den Anforderungen der Neuzeit entsprechenden Hafenanlagen ausgerüftet 
worden. Auch in den deutschen Kolonien wurden zum Teil unter schwierigen Ver- 
bältnissen Hafenbauten durchgeführt, die für die wirtschaftliche Erschließung der deutschen 
Neuländer von wesentlicher Bedeutung sind. 
Richt minder groß, wie auf dem Gebiete des Wasserverkehrs sind die Erfolge, die 
der deutsche Wasserbau bei der Wassernutzung für die Zwecke des Landbaues, der Wasser- 
versorgung und der Wasserkraftgewinnung aufzuweisen hat. 
Durch Entwässerung von Sümpfen und Mooren, sowie durch 
ausgedehnte Bewässerungsanlagen sind große Gebiete in 
Deutschland der landwirtschaftlichen Bestellung erschlossen worden. Für Tausende von 
Menschen wurden dadurch neue Lebensbedingungen geschaffen, und es wurde der Weg 
gewiesen, auf dem die Ernährungemöglichkeiten des deutschen Volkes im Inland in 
der Zukunft noch erheblich gesteigert werden können. 
Entwässerung. 
  
In der Wasserversorgung der Städte und Ortschaften ist 
im letzten Bierteljahrhundert ein vollständiger Wechsel der 
Anschauungen eingetreten. Da man den Flüssen und Strömen immer mehr die Auf- 
gabe zuweisen mußte, die schnell zunehmenden Mengen der verunreinigten Abwässer 
fortzuführen, konnten dieselben nicht mehr wie früher der Wasserversorgung dienen. 
An Stelle des durch die Filterung oft nur notdürftig gereinigten Oberflächenwassers 
wurde das gesundheitlich höher stehende Grundwasser immer mehr die wesentlichste Quelle 
der Wasserversorgung. Fast sämtliche deutschen Groß- und Mittelstädte werden heute 
durch ausgedehnte Leitungsnetze mit Grund- oder Quellwasser versorgt. Aber auch die 
lleinen Orte und Landgemeinbden, die früher auf die Einzelversorgung aus oft hygienisch 
nicht einwandfreien Brunnen angewiesen waren, erhalten heute ihr Wasser aus 
Gruppen-Wasserversorgungsanlagen zugeführt, wobei vielfach eine Hebung des Wassers 
durch Pumpen erforderlich ist. Vereinzelt erfolgt die Wasserversorgung auch durch die 
Wasserentnahme aus größeren natürlichen Seen, wie in Konstanz aus dem Bodensee, 
oder aus künstlich geschaffenen Staubecken, wie in mehreren rheinisch-westfälischen 
Städten und in Chemnitz. 
Wasserversorgung. 
  
Die Gewinnung von Energie aus den strömenden 
Gewässern, die in der Mitte des vorigen Jahrhunderts 
ins Stocken geraten war, da die älteren, wenig leistungsfähigen Wasserkraftwerke 
den Wettkampf mit der Dampfmaschine nicht aufzunehmen vermochten, hat in 
letzter Zeit eine glänzende Entwicklung aufzuweisen. Nachdem es gelungen war, 
starke Gefälle zusammenzufassen und auch die bedeutenden Wassermengen der großen 
Gewinnung von Energie. 
  
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