Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
X. Buch. III. Wasserbau. 355 
  
Ströme durch Turbinen zu leiten, nachdem man gelernt hatte, den Wasserabfluß 
dem Energiebedarf zeitlich durch Aufspeicherung anzupassen und die gewonnene 
Energie von den Stätten der Erzeugung durch den elektrischen Strom weithin fort- 
zuleiten und dadurch auf zahlreiche Abnehmer zu verteilen, haben die Wasserkraftwerke 
in den beiden letzten Jahrzehnten ihre frühere Bedeutung wiedererlangt. Gewaltige 
Wasserkraftanlagen, die den Wettbewerb der Wärmekraftmaschinen nicht zu scheuen 
drauchen, sind an vielen Stellen Deutschlands entstanden oder geplant. Preußen, 
Bayern und Baden haben auch mit dem staatlichen Ausbau von Wasserkraftwerken einen 
Anfang gemacht, um den Segen einer billigen Elektrizitätsversorgung ausgedehnten 
Landesteilen zugute kommen zu lassen, und um die natürlichen bodenständigen Energie- 
quellen für die Zukunft der Allgemeinheit zu sichern. 
Wasserschutz. Nicht minder bemerkenswert, wie auf dem Gebiete der Wasser- 
ausnutzung, sind die Fortschritte, die Deutschland auf dem Gebiete 
des Wasserschutzes im letzten Bierteljahrhundert aufzuweisen hat. 
Duurch ausgedehnte Uferbauten sind die deutschen Gestade der Nord- und Ostsee 
gegen die Angriffe des Meeres geschützt worden und auch auf den der deutschen Küste 
vorgelagerten Nordseeinseln wurde der zerstörenden Arbeit der Meereswellen erfolg- 
reich Einhalt getan. 
Die Verheerungen der Binnengewässer bei Hochfluten sind gleichfalls unter Auf- 
wendung bedeutender staatlicher Mittel mit gutem Erfolg bekämpft worden. Der Über- 
schwemmungsgefahr im Mittel- und Unterlauf der großen Ströme wurde durch Oeich- 
bauten, Begradigungen und Profilerweiterungen entgegengetreten. Diese Regulierungen 
besaßen oft einen bedeutenden Umfang, wie die Arbeiten am Weichselstrom, dem zur 
besseren Ableitung des Hochwassers und des Eises unter Abkürzung der Flußlänge im 
Jahr 1895 eine vollständig neue Mündung gegeben wurde. Im Oberlauf der Flüsse 
wurden die Hochwasserschäden durch Festlegung und Aufforstung der Steilhänge, durch 
Wildbachverbauungen und Gebirgsflußregulierungen erheblich gemildert. 
  
In besonders wirksamer Weise aber wurde den nachteiligen, gesund- 
beitsschädlichen Wirkungen der übermäßigen Verunreinigung der Fluß- 
läufe in Alederwasserzeiten und der Schadenwirkung der Hochwässer durch die Bildung 
von Staubecken in den Quellgebieten der Flüsse entgegengearbeitet. Solche durch die Auf- 
stauung von Wasser durch Talsperren gebildete Staubecken sind in Deutschland im letzten 
Bierteljahrhundert in großer Zahl erbaut worden. Imheinischen Industriegebiet wurden 
an der Ruhr und Wupper über 20 Stauweiher angelegt, die von 0,5 bis 130 Mil- 
lionen chm Wasser fassen und neben den Zwecken der Wasserversorgung und der Energie- 
gewinnung der Aufhöhung des durch starke Wasserentnahme übermäßig verringerten 
Niederwasserabflusses dieser Flũsse dienen, zugleich aber auch die Hochwasserführung in 
segensreicher Weise durch Zurückhaltung eines Teiles der Hochfluten verringern. In 
den besonders gefährdeten Gebirgstälern des Riesengebirges wurden ferner nach den 
außerordentlichen BVerwüstungen des Hochwassers vom Zuli 1897 eine Anzahl von 
Talsperren. 
  
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