X. Buch. III. Wasserbau. 3509
In diesen Werken ist ein für wissenschaftliche Studien und für praktische Zwecke
gleich wertvolles Material enthalten. Zur einheitlichen Bearbeitung hoydrographischer
Fragen für Preußen wurde die „Landesanstalt für Gewässerkunde“ in Berlin ins Leben
gerufen, die zurzeit H. Keller untersteht und ihre umfangreichen und wertvollen
Arbeiten im Zahrbuch für Gewässerkunde herausgibt.
Versuchsanstalten. Eine Ergänzung fanden die meist von den Wasserbauver-
waltungen ausgeführten unmittelbaren Beobachtungen an
den natürlichen Wasserläufen durch Versuche, die an künstlich hergestellten Modellflüssen
in stark verkleinertem Maßstab angestellt wurden. Bei diesen Versuchen ist eine genaue
Beobachtung der feineren Vorgänge beim Wasserabfluß und bei der Bildung und Um-
gestaltung der Flußbetten möglich, während bei den natürlichen Wasserläufen die
Undurchsichtigkeit des meist getrübten Wassers die Ausbildung der Sohle und die
Bewegung der Sinkstoffe der unmittelbaren Beobachtung entzieht.
Nachdem französische Ingenieure schon früher versucht hatten, durch die Herstellung
von Modellflüssen im Freien diese Frage zu klären, ist Deutschland mit der Errichtung
wasserbaulicher Versuchsanstalten in geschlossenen RKäumen vorangegangen, in
denen Flußmodelle mit künstlicher Wasser- und Sinkstoffzuführung in aller Schärfe be-
obachtet werden können. Oiese Versuchsanstalten oder Flußbaulaboratorien wurden
meist in Verbindung mit den Lehrstühlen des Wasserbaues an den Technischen Hoch-
schulen errichtet. Als erster hat Engels in Dresden im Zahre 1898 ein Versuchsgerinne
für flußbauliche Versuche eingerichtet, in dem bereits eine Reihe für den Flußbau
grundlegender Fragen untersucht worden sind. Om Jahre 1901—1902 folgte die Tech-
nische Hochschule zu Karlsruhe mit der Erbauung eines Flußbaulaboratoriums, in dem im
Jahre 1905 eine Glasrinne zur Beobachtung rein hpdraulischer Vorgänge aufgestellt
wurde. Im JZahre 1903 wurde sodann die mit einer großen Rinne für Schleppversuche mit
Schiffen verbundene, dem preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten unter-
stellte wasserbauliche Versuchsanlage auf der Schleuseninsel im Berliner Tiergarten
dem Betrieb übergeben, der dann das Flußbaulaboratorium in Darmstadt, das nach
den zum Teil neuen Vorschlägen Kochs erbaut wurde, folgte. Zurzeit stehen in Deutsch-
land Flußbaulaboratorien an den Technischen Hochschulen in Berlin und Danzig, sowie
ein Neubau in Dresden vor ihrer Vollendung. In Karleruhe ist ein umfangreicher Neu-
bau in Vorbereitung. Da auch im Ausland einige nach deutschem Vorbild angelegte
wasserbauliche Bersuchsanstalten fertiggestellt bzw. im Bau sind, wird schon bald über
ein Dutzend solcher Anstalten zur Klärung der schwierigen Fragen des Wasserab-
flusses, der Geschiebebewegung und Flußbettgestaltung beitragen können.
Wenn auch die Vorgänge beim Abfluß von Wasser und bei der Sinkstoffbewegung
so verwickelter Natur sind, daß eine vollständige Klarlegung aller dabei auftretenden
Vorgänge unmöglich erscheint, so werden die Versuche doch sicherlich noch manchen
wertvollen Aufschluß geben. Sie werden dem Ingenieur neue Waffen für seinen Kampf
gegen das Wasser und für seine #Arbeit mit dem Wasser liefern und ihn in den Stand
setzen, mit weit größerer Sicherheit wie seither seine technischen Maßnahmen richtig
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