Full text: 180 deutsche Musteraufsätze.

Ausführung: 
Die Disziplin ist ein Gesetz, welches wir überall in der Natur 
vorfinden. Bei den Menichen ist sie am ausgeprägtesten und zeitigt 
auch bei ihnen die schönsten Erfolge. Der Drang der Elchwargen 
und Ohnmächtigen, sich an den Starken anzuschließen und dessen 
Begierde, jene zu beherrschen, mögen wohl die ersten Grundlagen 
zur Disziplin gewesen sein. 
Tritt der junge Mann beim Militär ein, so bringt er schon die 
ihm angeborene Disziplin mit. Es ist nun die vornehmste Pflicht 
der Vorgesetzten, diese in die militärische Disziplin umzubilden; denn 
diese hat ganz andere Ziele und zeitigt ganz andere Folgen. Es 
müssen daher in dem jungen Rekruten Eigenschaften geweckt und 
entwickelt werden, auf welche sich die militärische Disziplin aufbaut. 
Die wichtigsten dieser Eigenschaften sind das Pflichtgefühl und die 
Pchter üllung. Die Pflichten selbst findet der Soldat im Fahnen- 
eide und in den Kriegsartikeln vorgezeichnet. gat er nun den Begriff 
Disziplin erfaßt, so ist es die P abe der Vorgesetzten, diese zu 
pflegen und zu erhalten. Das beste Mittel, die Disziplin einer 
Truppe zu erhalten, ist das Exerzieren. Die Verantwortung dafür 
trägt zuerst der Kompagniechef und dann die höheren Vorgesetzten. 
Aber auch der Unterricht ist durch seine belehrenden Beispiele aus 
der Kriegsgeschichte von Tapferkeit, Opfermut und treuer Pflicht- 
erfüllung geeignet, die Begeisterung zu heben und die Disziplin zu 
pflegen. Überhaupt ist jeder Dienstzweig dazu angetan, die Disziplin 
zu fördern. Nicht zuletzt sind es auch die Strafen, die jeden ehr- 
liebenden Soldaten — und das soll jeder sein — mahnen, seine 
Pflicht zu tun. 
Die Disziplin äußert sich im Frieden in Gehorsam, in Unter- 
ordnung des eigenen Willens unter den eines Vorgesehten., in an- 
ständigem Benehmen in und außer Dienst, in der Kameradschaft, 
in der Vermeidung von Strafen, in der Strammheit des militärischen. 
Grüßens und in jedem Dienst. Im Kriege kommen noch hinzu das 
Ertragen von großen Strapazen, ohne zu murren, Selbstaufopferung 
und rücksichtsvolles Benehmen gegen die Bewohner in Feindesland. 
Was mit einer gutdisziplinierten Armee zu machen ist, zeigt uns 
die Geschichte des preußischen Staates. Unsere großen Erfolge 1870 
haben wir lediglich der eisernen Disziplin der Truppen zu verdanken. 
Nur durch diese war es möglich, immer wieder den Sieg an die 
beurfihersfahuen beften Fastunmenschlich waren die Anstrengungen, 
die die 22. Division an der Loire zu ertragen hatte; aber sie hat 
ausgehalten und war stets kampfbereit. Die Dissziplin hilft nicht 
nur das Schwere ertragen, sie hilft auch, es leicht zu überwinden. 
Schon das Gefühl „es muß sein“ gibt manchem Schwächling 
einen Ruck, und bald ist getan, was eben noch so schwer erschien. 
Somit wäre die Disziplin die Eigenschaft einer Armee, ohne 
welche diese keine Erfolge erringen kann, und dennoch ebenso wichtig 
wie diese selbst. 
Wenn auch von gewissenlosen Parteien das Wort Disziplin mit 
Kadavergehorsam übersetzt wird, so soll das einem guten Deutschen 
den Glauben an die Disziplin und ihre staatenerhaltende Kraft nicht 
rauben.
	        
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