Full text: 180 deutsche Musteraufsätze.

das Ziel erfaßt, seinen Gegner erkennt und beschießt. Ob er ihn 
trifft. ist vorläufig Nebensache: wohl aber muß der größte Teil der 
Geschosse der ganzen Abtei ung im Ziele sitzen. E- der Gegner 
vernichtet, so haben Schütze und Gewehr ihre Schuldigkeit getan. 
Als Schußwaffe findet das Gewehr außerdem zur Abgabe von 
Alarmschüssen Verwendung. Stößt der einzelne Mann unerwartet 
mit dem Feinde zusammen, so macht er dieses durch schnelles 
Schießen der eigenen Truppe verständlich; die Abteilung dagegen 
gibt, um den Knall wirkungsfähiger zu machen, eine Salve ab. 
In beiden Fällen werden die eigenen Truppen aufmerksam gemacht 
und gefechtsbereit sein, wenn der Gegner kommt. 
er Russisch-Japanische Krieg hat uns gelehrt, daß auch Nah- 
kämpfe und Handgemenge, namentlich bei Nachtangriffen, nicht 
ausgeschlossen sind. Im Handgemenge ist aber die Schußwaffe 
unbrauchbar. Schnell ist daher durch Aufpflanzen des Heitengewehres 
auf die Mündung des Gewehres ein Bajonett hergestellt, mit dem 
wir uns den Gegner vom Leibe halten und vernichten können. 
Ist aber die Schlacht geschlagen und der Kamerad findet den 
Kameraden unter den Verwundeten, so ist schnell aus zwei Gewehren 
und einigen andern Geräten eine Tragbahre gebunden, die genügqt, 
um den Verwundeten in das nächste Feldlazarett zu bringen. 
Ist endlich der Krieg beendet und die segrei e Armee hält in 
der heimatlichen Garnison ihren Einzug, so wird ein Eichenzweig 
die Mündung des Gewehres zieren, und stolz wird der Krieger zum 
letztenmal sein ihm liebgewordenes Gewehr, seine Braut, durch die 
festlich geschmückten Straßen tragen. 
Denjenigen aber, die für das Vaterland gefallen sind, und den- 
jenigen, die später als Veteranen sterben, wird das Gewehr die 
letzte kriegerische Ehre erweisen. Eine Salve wird über das offene 
Grab donnern und wird Kunde geben, daß hier ein tapferer 
Vaterlandsverteidiger zur großen Armee abgerufen worden ist. 
So sehen wir, daß das Gewehr im Kriege mannigfache Ver- 
wendung findet. Es ist der unzertrennliche Begleiter des Infanteristen 
in Not und Gefahr, im Sieg und im Tod. 
59. Welche Bedeutung hat das Turnen für den Soldaten, 
und wie wird diese Bedeutung begründett 
Gedankengang: 
I. Einleitung: Im Mittelalter Ritterspiele und Turniere, heute 
vielfache Sportspiele und Turnen. 
II. Ausführung: 
Verfall der Ritterspiele durch den Dreißigjährigen Krieg. 
Folgen dieses Krieges. Erlahmung der Volkskraft. 
Erniedrigung Preußens. Erhebung des Volkes. 
Einführung der Leibesübungen und des Turnens. 
Einführung des Turnens im Heere. 
Wert und Bedeutung des Turnens. 
III. Schlußt Wunsch, das Turnen möge immer mehr gepflegt 
werden. · 
KRAN- 
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