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Ausführung:
Im Kriege macht sich die Verbindung eingeschlossener Tru
mit der Außenwelt überaus notwendig. Es daher Aufgabepen
Verkehrstruppen, diese Herstellungsverbindungen schon während des
Friedens zu üben. Es wird versucht, dies durch versteckte oder
kisertldigh angelegte Telegraphen- oder Telephonanlagen zu er-
reichen. Nichtsdestoweniger wird es dem Feinde meistens glücken,
die Leitungen ausfindig zu machen und zu zerstören. Kleine freie
Ballons sind wieder zu sehr von der Windströmung oder vielen
andern Zufälligkeiten abhängig.
Es haben sich deshalb die Heeresverwaltungen eine Erfindung
der Araber im Altertum zunutze gemacht, die Ichom im Kriege 1870
verschiedentlich angewendet wurde. #s ist bekannt, daß manche
Tiere einen hochentwickelten Limmels inn besitzen, und diesen findet
man bei der enewienetee rieftaube am ausgeprägtesten. Sie
untterscheidet sich von der gewöhnlichen Haustaube nur durch ihre
Schädelbildung. Die Brieftanbe wird in großen Garnisonen und
Festungen in Menge gezüchtet und öfters durch Probeflüge trainiert
Geübt). Ihre Zucht und Pflege liegt einem besonders ausge-
ildeten Teil der Telegrappentruppen. ob. Bricht ein Krieg aus, so
werden die Tauben gewechselt; es kommen jene der Grenzfestungen
in innere Garnisonen und diese in die Grenzfestungen. In ihrem
neuen Garnisonsort werden sie natürlich in Gefangenschaft gehalten.
Wird nun eine Festung eingeschlossen, also auch die Verbindung ab-
eschnitten, so sind es die Brieftauben, welche dieselbe wieder ber-
stellen. Zu diesem Zweck werden die Nachrichten, die man dem
andern Teil geben will, in Form eines Chiffretelegrammes nieder-
geschrieben und mittels der Mikrophotographie auf winzige Papier-
rollen gebracht. Diese kleine Rolle wird der Taube am Fuß oder
Hals befestigt. Hierauf wird die Taube losgelassen. In der Luft
zieht sie einige Kreise und wendet sich im schnellen Flug dem heimat-
lichen Schlag zu.
Bei einer Geschwindigkeit von 65 km in der Stunde fliegt sie
oft bis zu 750 km. Hat die Taube ihren Schlag erreicht, so wird
sie eingefangen und ihr das Telegramm abgenommen; dasselbe
wird verhröheert und mittels eines geheimen Schlüssels entziffert.
Nicht immer erreicht die Taube ihre Heimat wieder, manche wird
sic verirren und manche wird dem Habicht zum Opfer fallen. Um
ennoch die Außenwelt zu benachrichtigen, werden immer mehrere
wseubem nach verschiedenen Richtungen mit dem gleichen Telegramm
osgelassen.
Nicht nur die Heeresverwaltung beschäftigt sich mit der Zucht
der Brieftauben, auch die Bevölkerung nimmt daran teil. So haben
sich zahlreiche Vereine gebildet, welche die Zucht und Dressur als
Sport betreiben und vom Staat durch Preise oder Preiskrönungen
unterstützt werden. Daß im Falle eines Krieges diese Vereine ihre
Tauben der Heeresverwaltung zur Verfügung stellen, ist anzunehmen.
Wir sehen, daß nicht nur Naturkräfte, sondern auch der Naturtrieb
in den Dienst des Vaterlandes gestellt wird.