Full text: 180 deutsche Musteraufsätze.

Menschen dem scheidenden Winter fröhliche Feste feiern: dann 
kommt die Zeit, in welcher wir den großen Meister bei seinem 
eheimnisvollen Wirken in seiner Werkstatt Natur beobachten können. 
Es beginnt das Erwachen in der Natur! 
Nvch unter der Herrschaft des Winters, kaum, daß es die Sonne 
Crreicht, die schneidende Kälte des Winters etwas zu mildern, da 
beginnt es sich auch schon in dem Schoß der Mutter Erde zu regen. 
Schon unter der schützenden Schneedecke sprossen die ersten Triebe und 
schicken sich an, den Menschen den nahenden Frühling zu verkünden. 
Der Haselstrauch öffnet seine Kätzchen, und bald folgt ihm die Weide, 
deren Samtschäfchen erst die rechte Frühlingsstimmung mitbringen. 
Ist aber erst aller Schnee verschwunden und die Sonne hat ihre 
Herrschaft angetreten, dann beginnt ein Sprießen, Treiben und 
Blühen in der Natur, daß sich unser Auge nicht satt sehen kann. 
Mit den ersten Knospen stellen sich auch noch andere Vorboten 
des Frühlings ein. So erscheinen bald unsere gefiederten Sänger, 
die den Winter in wärmeren Lonen zubringen und nun wieder zu 
uns zurückkehren. Zuerst kehrt der Star zurück. Oft liegt bei seinem 
Erscheinen noch Schnee; aber alle Welt kreut Aih an seinem weniger 
schönen, aber um so hoffnungsreicheren Gezwitscher. Bald erscheinen 
auch die andern Sänger der Lüfte und erfüllen die Luft mit ihren 
schmetternden Weisen. · 
Aber auch die kleinen Lebewesen unserer Breite, jene zarten 
Geschöpfe, die Insekten, die während des rauhen Winters in sicherem, 
geschütztem Versteck verborgen waren, sie kommen hervor, nützen den 
ersten Sonnenstrahl und die erste Blüte aus, um sich nach langem 
Minterschlaf zu stärken. 
Nicht zuletzt ist es der Mensch, der das Erwachen der Natur 
wahrnimmt. Kaum hat er das schöne Deihnachteset hinter sich, 
da bemächtigt sich seiner ein Sehnen nach dem Frühling und ein 
Hoffen auf schöne Tage. Mit dem ersten Sonnenstrahl eilt er hinaus, 
um den an Zimmerluft und Ofenwärme gewöhnten Körper in frischer 
Frühlingsluft zu baden. Der Gärtner und Landmann beginnt seine 
fürsorgende Tätigkeit in Garten und Feld, indem sie die Pflanzen 
von ihren schützenden Hüllen befreien. Der Städter bemächtigt sich 
eine Wanderlust; sie eilen hinaus in den Wald oder auf sonnige 
Höhen, um die reine und erwachende Natur zu genießen. Aber noch 
durch ein anderes Ereignis wird der Mensch an das Erwachen der 
Natur erinnert, es ist das Osterfest, das Fest der Auferstehung. 
Gleichwie Christus den Menschen die frohe Botschaft von der 
Auferstehung brachte, so erinnert uns die Natur an diesen Tagen an ein 
neubeginnendes Leben und an ein Wiedererwachen nach dem Tode. 
So zeigt sich allenthalben das Erwachen der Natur. Der ober- 
flächliche Mensch nimmt es als etwas Selbstverständliches hin und 
nur der, tiefer fühlende wird bei all diesen Wundern zum Nachdenken 
angeregt. 
122. Ein Frühlingsausflug in den Wald. 
Gedankengang: 
I. Einleitung: Sobald die Natur erwacht, zieht es den Menschen 
hinaus ins Freie. 
13“
	        
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