Ausführung:
Das Riesengebirge ist ein Teil der Sudeten, ein fortlaufender
öhenzug von üdost nach Nordwest; es bildet die Grenze zwischen
Schlesien und Böhmen. Vom Kamme aus schaut man in beide
Länder hinein; man begegnet Leuten von hüben und drüben.
Seinen vielversprechenden Namen hat es wahrscheinlich von den
Anwohnern auf schlesischer Seite empfangen, da es von hier aus den
großartigsten Eindruck macht, während es von Böhmen aus gesehen,
bei weitem nicht so bedeutend erscheint.
Die Kuppen, welche sich über den Kamm erheben, sind meist
kegelföärmig oder abgerundet; die höchste Spitze derselben ist die
Schneekoppe. Sie hat die Form eines stumpfen Kegels und erreicht
eine Höhe von 1600 Meter. Auf ihrer Spitze befinden sich zwei
Gebäude, eine Kapelle und eine Koppenbaude; diese gewährt den
zahlreichen Reisenden ein bequemes und angenehmes Obdach. Die
Aussicht von diesem erhabenen Punkte ist großartig; man sieht in
einem Augenblick Breslau, Prag und die Landeskrone bei Görlitz;
eine Anzahl von Bergen, Hügeln, Tälern, Dörfern und Städten
liegt vor unseren Blicken ausgebreitet. Wenden wir unser Auge
nach Westen, so seben wir nacheinander die Sturmhaube, das hohe
Rad und den Reifträger, nördlich aber den Isarkamm und Hochstein.
Nicht minder merkwürdig, als die Erhebungen, sind die
bedeutenden Einsenkungen (Teichgruben), denen wir an verschiedenen
Stellen hin begegnen. Das Gebirge fällt hier 125 bis 190 Meter
tie steil hinab. Noch großartiger aber Hnd die Abstürze der großen
und kleinen Schneegrube. Dieselben bilden an 314 Meter tiefe
Schlünde, aus denen eine große Anzahl Felsennadeln dem von oben
hinabblickenden Wanderer entgegenstarren. Unfern des Schnee-
grubenrandes liegt die Schneegrubenbaude an der Kanzel Rübezahls,
die aus Granit-Gelsblocken besteht. Dieser Punkt wird nächst der
Schneekoppe von den Reisenden am meisten besucht.
Auf dem Moor= und Torfboden des Riesengebirges haben Elbe,
Aupe, Zacken, Bober, Iser, Queis usw. ihre Geburtsstätte.
Tausende von Bergwassern, silberne Ouellen brechen aus Höhen
und Schluchten, aus Felsen und Waldesgründen hervor und durch-
rauschen die Täler und Hochebenen. Fast an jeder Baude schlängelt
sich ein Bach vorüber, und der Mensch hat sich darum auch hier,
sei es in unfreundlicher, schwer ersteiglicher Höhe, seine Hütte gebaut,
wo es ihm an dem notwendigen Elemente nicht gebricht, wo seine
Tiere auf frischer Weide Futter und kühlen Labetrunk finden. Die
Kuppen des Riesengebirges sind ganz kahl, und die Gehänge und
niederen Joche tragen meistens Nadelholz. über der Höhe von
1130 Meter wächst nur noch eine kleine Strecke hinauf die Zwerg-
kieser, das niedere Knieholz, aus welchem man in Schlesien allerlei
niedliche Sachen verfertigt. Nur vereinzelt zeigt sich hier und da
noch der Vogelbeerbaum (Eberesche). Auf den höchsten Punkten
finden sich nur noch lange Flechten (Teufelsbart), isländisches Moos
und wohlriechendes Veilchenmoos. In den tieferen Tälern und
Ebenen gedeihen alle Getreidearten, auf den Wiesen und Gründen
wachsen die köstlichsten Kräuter. Die Mitte der Berge umgürten
Wälder aller mitteldeutschen Holzarten.