Die Organe. $ 837. 289
thronfolgerechtlicher Fragen nur da für zuständig, wo sie durch Staatsgesetz
hierzu ausdrücklich ermächtigt ist).
Ein Zusammenwirken von Staats- und Hausgesetzgebung (oben,
Text, Abs. 2 Satz 3) ist nach alledem durch allgemeine rundsätze nirgends
erfordert (so auch das oben zit. Urteil des OLG. Oldenburg), Die Not-
wendigkeit eines solchen Zusammenwirkens ist nicht zu vermuten und nur
dort anzunehmen, wo sie singulärer Weise durch die Verfassung als besondere
Bedingung für Anderungen des Thronfolgerechts ausdrücklich vorgeschrieben
sein sollte (Beispiel: Reuß j. L. Rev. ch. $ 11). Hiervon abgesehen ist ein
Staatsgesetz (ein verfassungänderndes in den Ländern der Gruppe 1,
in denen der Gruppe 2 ein einfaches) jedenfalls überall ausreichend, um be-
liebige Umgestaltungen des Thronfolgerechts zu bewirken.)
8 87.
In allen deutschen Staaten gilt heutzutage der Grundsatz der
Unteilbarkeit2. Die Verfassungen sprechen denselben entweder
ausdrücklich? oder indirekt dadurch aus, daß sie eine Thronfolge-
ordnung aufstellen, welche das Prinzip der Individualsukzession
und Unteilbarkeit in sich schließt?. Diese Thronfolgeordnung ist
die Primogeniturordnung?®.
a Rehm, Modernes Fürstenrecht 50 ff. will diesen Grundsatz überall
„eng“ interpretieren, ihn nur „gelten lassen, solange die Krone sich im
Mannsstamme des regierenden Hauses vererbt, und ihm ältere Hausgesetze,
Verträge, Erbverbrüderungen u, dgl., welche eine Teilung des Staatsgebietes
vorsehen, überordnen. n solchen Konsequenzen seiner früheren patri-
monialen Anschauungen wird Rehm wohl nicht mehr festhalten, nachdem
er diese Anschauungen aufgegeben hat; vgl. seine oben $ 85 Anm. 4 zit.
Schriften. Vgl. auch unten 7 Anm. b und $ 90 Anm. 3. Der Grundsatz
der Unteilbarkeit gilt, soweit er nicht sowohl dem Staate selber, sondern
Dritten: dem Landesherrn, dem regierenden Hause, anderen Dymastien die
Teilung des Staatsganzen verbieten und Ansprüche Dritter auf Vornahme
solcher Dismembrationen abschneiden will, unbedingtundabsolut; auch
ist er nicht „eng“, sondern wie jeder Rechtssatz, der eine Lebensnotwendigkeit
des Staates zum Ausdruck bringt, so weit als möglich zu interpretieren.
Gegen Rehm: Jellinek, Staatsl. 172, 173 Anm. 1; O. Mayer, Sächs. Staatar. 57,
van Culker, Hessisches Staatsr. 26.
1 Sächs. Verf. $ 1, Württ. Verf. $ 1, Bad. Verf. $ 3, S.-Mein. Ergänzung
zum GG. vom 9. März 1896 Art. 4, S.-Kob.Goth. StGG. 8 1, Schwarzb.-Sondersh.
LGG. $ 1, Reuß ä. L. Verf. $ 1, Reuß j. L. StGG. $ I, Schaumb,.-Lippe Verf.
Art, 1, Braunschw. N. LO. $ 1, Oldenb. Rev. StGG. Art. 1$ 2.
® So insbes. die preuß. Verf., Art. 58. '
8 Die Primogeniturordnung ist in den meisten deutschen Staaten ver-
fassungsmäßi festgestellt: Preuß, Verf. Art. 58, Bayr. Verf. Tit. I $ 2,
Sächs, Verf. $ 6, Württ. Verf. $ 7, Hess. Verf. $ 5, S.-Mein. GG. d 3, S.-Allt.
GG. 8 13, S.-Kob.-Goth. StGG. $ 6, Braunschw. N. LO. $ 14, Old. StGG.
Art. 17 $ 1, Schw.-Sondh. LGG. $ 13, Reuß ä. L. Verf. $ 3, Reuß j. L.G.
vom 20. Juni 1856 $ 8, Waldeck. Verf. $ 15, Schaumb.-Lipp. Verf. Art. 3. —
In den andern Staaten gilt sie kraft hausgesetzlicher Bestimmung: Bad. Haus-
und Familienst. $ 2. TDiese Bestimmung soll indessen nach 3 4 der bad.
Vert.-Urk. „einen wesentlichen Bestandteil der Verfassung bilden und als
wörtlich in gegenwärtiger Urkunde betrachtet werden“, gilt mithin materiell
und formell als Verfassungsvorschrift: vgl. auch oben $ 86, Zusätze II
S. 288]. Primogeniturordnung des Herzogs Ernst August von Weimar nebst
kaiserl. Konfirm. vom 29. Aug. 1724 (H. Schulze, Hausgesetze 8 220 ff.): Testam.
des Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau (H. Schulze a. a. O. 1 65 ff.) u. Testam.
des Fürsten Leopold Maximilian zu Anhalt-Dessau vom 4. Mai 1751 (eben-
@. Meyor-Anschätz, Deutsches Staatsrecht. I. 7. Aufl. 19