Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

400 Zweiter Teil Zweites Buch. $ 107. 
hielt eine gleichmäßige Einteilung in Provinzen, Regierungsbezirke 
und Kreise, innerhalb deren Oberpräsidenten, Regierungen und 
Landräte als Organe der Staatsverwaltung fungierten. In den 
Städten wurde die Selbstverwaltung von neuem belebt und den 
Bürgern ein wirksamer Einfluß auf die Verwaltung des Gemein- 
wesens eingeräumt®®, Dagegen blieb die Polizei-, Kommunal- und 
Justizverfassung des Landes außerhalb der Städte infolge Aufrecht- 
erhaltung der Gutsherrlichkeit auf dem alten Fuße ®, 
Dieübrigen deutschen Staaten haben teils in derselben 
Zeit, teils später eine Umgestaltung ihrer Behördenverfassung vor- 
genommen. Die kollegialischen Geheimen Räte und ihre Abtei- 
lungen haben auch hier bureaumäßig organisierten Ministerien 
Platz gemacht. Justiz und Verwaltung sind [erst jetzt, durchweg 
später als in Preußen ?5] voneinander getrennt worden. Die 
Lokalbehörden haben eine zweckmäßigere Gestaltung erhalten, 
die vielfachen Zwischeninstanzen sind beseitigt, die Patrimonial- 
gerichtsbarkeit und Patrimonialpolizei ist aufgehoben. Die Ver- 
fassungen der Gemeinden und zwar sowohl der Städte als der 
Landgemeinden sind, zum großen Teil nach dem Muster der 
preußischen Städteordnung von 1808?° reorganisiert worden. 
Eine neue Reformbewegung hat mit den fünfziger 
Jahren vorigen Jahrhunderts begonnen. Dieselbe verfolgt im 
wesentlichen zwei Ziele: de Ausdehnung der Selbst- 
verwaltung auf weitere Verbände (Kreise, Provinzen) und 
die Herstellung einer unabhängigen Rechtsprechung 
in Verwaltungsstreitsachen (Verwaltungsgerichts- 
barkeit). [Die Anfänge dieser Reformbewegung liegen in mehreren 
mittel- und kleinstaatlichen Gesetzen aus der Zeit von 1848—1852, 
welche für die Verwaltungssprengel ihrer Länder gewählte Laien- 
kollegien, „Bezirksräte“*, einsetzten (bedeutsam insbesondere 
die großherzoglich hessischen Gesetze vom 31. Juli 1848 und 
28. April 18520), sowie namentlich in der — freilich nur sanktio- 
nierten und publizierten, aber vor ihrer Einführung wieder auf- 
  
  
23 Städteordnung vom 19. November 1808; vgl. E. v. Meier, Reform, 
249 ff., Französische Einflüsse 2 314ff.; M. Lehmann, Freiherr v. Stein 2 
449 ff. [Zu beachten die Kontroverse zwischen v. Meier und Lehmann 
wegen des von letzterem behaupteten, von ersterem geleugneten franzö- 
gischen Einflusses auf die Städteordnung.] 
24 E, v. Meier, Reform 325 ff., Französische Einflüsse 2 348 ff., 442 ff. 
25 Vgl. unten $ 180. 
26 Vgl. Anm. 23. . 
ce W, van Calker im JahrbÖffR 2128ff. Die Bemerkung van Calkers 
S. 129 Anm. 1 ist der Voraufl. (S. 359) gegenüber zutreffend; van Calker 
läßt aber seinerseits die preuß. Kreis-, Bezirks- und Provinzialordnung vom 
11. März 1850 außer Acht. — Vgl. ferner kurhessisches Gesetz vom 31. Ok- 
tober 1848, nassauisches vom 4. April 1849, sachsen-weimarisches vorn 
5. März 1350 (dessen Bedeutung und Originalität die Vorauil. S. 359 über- 
schätzt); nähere Angaben darüber bei Weizel, das badische Gesetz vom 
5. Oktober 1868 über die Organisation der inn. V. (1364), 357 ff.
	        
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