468 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 119,
eine bestimmte Anzahl von Kaufleuten sich befinden muß?. Die
Wahl der Senatsmitglieder erfolgt auf Lebenszeit durch ein be-
sonderes Wahlkollegium, das aus einer gleichen Zahl von Mit-
gliedern des Senates und der Bürgerschaft besteht, in einem sehr
komplizierten Verfahren® Die Verpflichtung zur Annahme einer
Wahl in den Senat, welche früher in allen Freien Städten ein
Grundsatz des Verfassungsrechtes war, hat sich nur in Hamburg
erhalten*, während in Bremen und Lübeck völlige Freiheit hin-
sichtlich der Annahme, Ablehnung und Amtsniederlegung existiert®.,
Der Senat wählt aus seiner Mitte einen (Lübeck) oder zwei
(Bremen und Hamburg) Bürgermeister, denen der Vorsitz und die
Leitung der Geschäfte zusteht®.
Die Bürgerschaft geht aus Wahlen der Bevölkerung her-
vor. In Lübeck erfolgen diese Wahlen auf Grundlage des all-
gemeinen Stimmrechtes nach Bezirken’. In Bremen zerfallen die
Wähler in folgende acht Klassen, von denen jede eine bestimmte
Anzahl Abgeordneter wählt: 1. die in der Stadt Bremen wohnen-
den Staatsbürger, welche auf einer Universität gelehrte Bildung
erworben haben, 2. die Teilnehmer des Kaufmannskonventes (d.h.
die Großkaufleute), 3. die Teilnehmer des Gewerbekonventes,
4. die übrigen in der Stadt Bremen wohnenden Staatsbürger,
5. die in der Stadt Vegesack wohnenden Staatsbürger, 6. die in
der Stadt Bremerhaven wohnenden Staatsbürger, 7. die im Land-
gebiet wohnenden Staatsbürger, welche wahlberechtigt für die
Kammer für Landwirtschaft sind, 8. die übrigen im Landgebiet
wohnenden Staatsbürger. Die Hamburger Bürgerschaft besteht:
l. aus 80 Mitgliedern, welche aus allgemeinen und direkten
Wahlen hervorgehen, 2. aus 40 Abgeordneten, welche von den-
jenigen Bürgern, die Eigentümer städtischer Grundstücke sind,
gewählt werden, 3. aus 40 Abgeordneten, welche von denjenigen
Bürgern gewählt werden, welche Mitglieder des Senats oder der
der Bürgerschaft, Richter, Handelsrichter, Mitglieder der Vor-
® Lüb. Verf. Art. 5, Brem. Verf. $ 21, G. vom 1. Juni 1884, abgeändert
durch G. vom 4. Nov. 1909, Hamb. Verf. Art, 7.
s Lüb. Verf. Art. 7, Brem. Verf. $S$ 22-28, G., den Senat betr., vom
1. Jan. 1894, Abänd. G. vom 9. Nov. 1898, Hamb. Verf. Art. 9, G., betr., die
Organisation des Senates, vom 28. Sept. 1860 $$ 2 und 3, Abänd. GG vom
23. Jan. 1889, 8. Juli 1898. Die „Quintessenz dieses Verfahrens ist: der Senat
hat ein Veto, die Bürgerschaft den positiven Einfluß bei der Wahl, wobei
allerdings der Wille ihrer Mehrheit sich keineswegs immer durchzusetzen
vermag“ (Bollmann im WStVR 1 525).
* Hamb. Verf. Art9. Jeder Senator kann jedoch nach Ablauf von sechs
Jahren seine Entlassung verlangen (Art. 10).
5 Lüb. Verf. Art. 9, Brem. Verf. $ 24.
® Lüb. Verf. Art. 14, Brem., Verf. $ 30, Hamb. Verf. Art. 17, G., betr.
die Organisation des Senates, vom 28. Sept. 1860 $ 13.
7 Lüb. Verf, Art. 20—33, G., das Verfahren bei der Wahl der Mit-
glieder der Bürgerschaft betr., vom 3. Nov. 1884.
8 Brem. G., die Bürgerschaft betr. vom 1. Jan. 1894, als Anhang dazu
die Wahlordnung. Abänderung der letzteren durch G. vom 12. April 1886.