Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

562 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 14la. 
Die meisten Schutzgebiete (alle außer Samoa und Kiautschou) 
sind zum Zwecke der staatlichen Lokalverwaltung in Bezirke 
eingeteilt, mit Bezirksämtern, deren Vorstände den Titel 
Bezirksamtmann führen, an der Spitzer. Bei den ostafrika- 
nischen und südwestafrikanischen Bezirksämtern sind Bezirks- 
rätes gebildet: Kollegien, die außer dem vorsitzenden Bezirks- 
amtmann in Südwestafrika aus (mindestens) vier gewählten, in 
Ostafrika aus drei gewählten Mitgliedern und einem vom Gouver- 
neur ernannten Mitgliede bestehen. Die Zuständigkeit der ost- 
afrikanischen Bezirksräte ist eine beratende und erstreckt sich 
lediglich auf die Staatsverwaltung des Bezirks, während die std- 
westafrikanischen Bezirksräte mit teils beratender, teils beschließen- 
der Stimme sowohl bei der Staats- wie bei der Kommunalverwal- 
tung des Bezirks (der nur hier, nicht in Ostafrika die Eigenschaft 
eines Kommunalverbandes hat) beteiligt sind. 
Die Organisation der Selbstverwaltungt steht noch in 
den Anfängen. Durch kaiserliche Verordnung vom 3. Juli 1899 
(RGBl 366) wurde der Reichskanzler ermächtigt, Wohnplätze in 
den Schutzgebieten zu kommunalen Verbänden zu vereinigen. 
Von dieser Ermächtigung wurde seither in Ost- und Südwest- 
afrika Gebrauch gemacht. Zunächst in Ostafrika. Hier wurden 
durch Verordnung des Reichskanzlers vom 29. März 1901 die 
Verwaltungsbezirke (s. oben) zu Kommunalverbänden erklärt, 
diese Verbände jedoch, da sie sich nicht lebensfähig zeigten, in 
der Folge (Verordnung des Reichskanzlers vom 31. März 1909) 
wieder aufgelöst, mit Ausnahme von zwei: Daressalam und Tanga, 
die als Ortsgemeinden bestehen blieben und nach der vom Reichs- 
kanzler am 18. Juli 1910 erlassenen „Städteordnung“ verwaltet 
werden. Kräftiger hat sich die kommunale Selbstverwaltung in 
Sudwestafrika entwickelt. Hier bestehen auf Grund der Ver- 
ordnung des Reichskanzlers vom 28. Januar 1909 (oben Anm. s) 
Gemeinden (d.h. Ortsgemeinden) und Bezirksverbände (Kommunal- 
verbände höherer Ordnung). Organe der Gemeinde sind der Ge- 
meinderat und der Gemeindevorsteher (Bürgermeister), jener von 
den wahlberechtigten Gemeindeeinwohnern, dieser vom Gemeinde- 
rat gewählt. Die Angelegenheiten des Bezirksverbandes werden 
von dem Leiter der Staatsverwaltung im Bezirk, dem Bezirksamt- 
verbänden (s. oben im Text) gewählt werden. Er unterscheidet sich auch 
in seiner Kompetenz von den Gouvernementsräten der anderen Schutz- 
gebiete, indem er nicht nur, wie diese, eine beratende, sondern auch (wenn 
auch vorerst nur in geringem Umfange) eine beschließende Stimme hat. Vgl. 
Külz a. a. O. 426. 
r v, Hoffmann, a. a. ©. 55ft. 
s V, des Reichskanzlers betr. die Selbstverwaltung in Deutsch-Südwest- 
afrika vom 28. Jan. 1909; V. des Reichskanzlers für Ostafrika vom 16. Sept. 
1911; vgl. v. Hoffmann a. a. O. 63ff.; Külz a. a. O. 425-428. 
t Külz a. a. O. und Die Selbstverwaltung für Deutsch-Südwestafrika 
(1909); Hoffmann a.a.O.; Radlauer, Finanzielle Selbstverwaltung und Kom- 
munalverwaltung der Schutzgebiete (1910).
	        
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