Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

670 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 159. 
die Organisation der Staatsbehörden regeln (Örganisations- 
verordnungen)?, diejenigen, welche sich auf die Einrichtung, 
5 Da durch die Organisation der Behörden in den Rechtszustand der 
Untertanen nicht eingegriffen, sondern nur die Verteilung der Geschäfte 
unter die einzelnen Staatsorgane berührt wird, so sind Örganisations- 
veränderungen grundsätzlich im Wege der Verordnung, namentlich durch 
Anordnungen des Monarchen, möglich. Doch kann die Organisationsgewalt 
des letzteren durch gesetzliche Vorschriften oder das Budgetrecht des Land- 
tages beschränkt sein, sie ist selbstverständlich außerdem da ausgeschlossen, 
wo es sich nicht bloß um die Organisation der Behörden, sondern um Fest- 
stellung der ihnen gegenüber den Untertanen zustehenden Befugnisse handelt, 
Genau in diesem Sinne hat sich die preußische Stanteregigrung in 
er Sitzung des Herrenhauses vom 30. Jan. 1869 ausgesprochen. Über diese 
höchst beachtenswerte, eine vollständige Formulierung der in der Wissen- 
schaft herrschenden Anschauungen über Gesetz und Verordnung in sich 
schließende Erklärung (deren Bedeutsamkeit Arndt, ArchOffR 16 194 und 
Selbständ. VerordR 172 vergeblich abzuschwächen versucht) vgl. Anschütz, 
Gegenwärt. Theorieen 153 ® Vgl. ferner: Franz Schmidt, Die Errichtung 
und Einrichtung der Staatshehörden nach preußischem Recht (1905). Daß in 
Baden die gleichen Grundsätze gelten und von der Regierung festgehalten 
werden, bestätigt van Calker, KritVJSchr N. F. 10 119, auch Walz, Bad. 
StR 209, 210 (der die organisatorischen Normen abweichend von der Auf- 
fassung des Textes für Rechtssätze hält. Uber Württemberg vgl. 
v. Sarwey, Württ, StR 2 8f., 64 fl.; Göz, a. a. O. 212; über Hessen: van 
Calker Hess. StR 31, 199 und Hess. VerfG 135 Anm. 3; Aull, Das landes- 
herrliche Verordnungsrecht im Großherzogtum Hessen (Gießener Diss. 
1909) 90 ff., 116. Übereinstimmend ferner: Gneist, Gesetz und Budget 
1879) 86 ff., 215 ff.; v. Rönne, Preuß. StR1$98 S. 423 ff.; H. Schulze, Preuß, 
tR 2 8 173 S. 31; Rosin, a. a. O. 191; E. Loening, DVe.wR 3 11 S. 57; 
v. Seydel-Piloty, Bay. StR 1 319 ff.; v. Stengel, VerwR 158; Jellinek, a. a. 
O. 387, System der subjektiven öffentlichen Rechte 238 ff.; [mit Vorbehalten, 
vgl. weiter unten], Bornhak, Preuß. StR 1 482ff. (erklärt die organisatorischen 
ormen für Rechtssätze), Allg. Staatsl. 150ff.; Zorn, a.a. 0.289; Schwartz, a. a. 
O. 129; Hübler, Organisation der Verwaltung 6; Anschütz, Krit. Studien 
74 ff, Gegenwärtige Theorieen 65 ff., Enzykl. 163; Schoen im HdbPol 1 298, 
299; Kormann, AnnDR 1:11 867. — Dagegen halten die Organisation der 
Behörden grundsätzlich für einen Gegenstand der Gesetzgebung: Haenel, 
Gesetz im formellen und materiellen Sinne 223 ff., 284fi.; Brie, a. a. O. 15. 
[Die Haenelschen Ausführungen kehren in verstärkter Betonung wieder 
i Preuß, AnnDR 1903 525, der die organisatorischen Normen für „Rechts- 
sätze im eminentesten Sinne des Wortes“ erklärt und ihre Schaffung 
daher grundsätzlich der Legislative vorbehalten will. Das Umgekehrte 
ist richtig: Organisation ist Verwaltungssache, der Erlaß aller, auch 
der organisatorischen Normen, welche dem Vollzug der Gesetze und der 
Handhabung der bestehenden Staatshoheitsrechte dienen, gehört daher 
rundsätzlich zum Vorbehalt der Exekutive. Es bedarf eines besonderen 
echtsgrundes, um dem Träger der letzteren die Organisationsgewalt im 
einzelnen Falle abzustreiten; solche Gründe können sich, wie bereits oben 
hervorgehoben, aus der Tatsache ergeben, daß ein Stück der Staatsorgani- 
sation gesetzlich festgelegt oder durch die Verfassung ausdrücklich der 
Regelung durch Gesetz überwiesen ist, oder daß das Budgetrecht des Land- 
tages eingreift. Die Haenel-Preußsche Lehre läßt sich keinesfalls mit 
dem positiven Recht derjenigen Staaten (es sind die meisten) vereinigen, 
deren Verfassungen dem Monarchen das Ausführungsverordnungs- 
recht (s. weiter unten im Text) ausdrücklich zusprechen; denn mit dieser 
.Verordnungsgewalt ist ganz wesentlich auch die Befugnis zum Erlaß von 
Organisationsverordnungen gemeint. Im übrigen erscheint diese Befugnis 
als ein selbstverständlicher Bestandteil und Ausfiuß der vollziehenden Ge-
	        
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