Die Funktionen. $ 181. 775
der darüber in den Formen des contentieux (d. h. des Verfahrens
in streitigen Verwaltungssachen) beriet. In der Zeit von 1848—1852
bestand für die Entscheidungen der Kompetenzkonflikte ein be-
sonderer Gerichtshof, der sich aus hohen richterlichen und Ver-
waltungsbeamten zusammensetzte, unter dem Vorsitz des Justiz-
ministers. Eine ähnliche Einrichtung ist wieder durch das G.
vom 24. Mai 1872 in das Leben gerufen worden.
Im Anschluß an die französischen Einrichtungen hat auch in
den deutschen Staaten seit den vierziger Jahren des neun-
zehnten Jahrhunderts eine eingehendere Regelung der Kompetenz-
konflikte stattgefunden. Die Erhebung des Kompetenzkonflikts
wurde auch hier für eine Sache der Verwaltung erklärt, zur Ent-
scheidung derselben wurden jedoch vielfach besondere Gerichts-
höfe eingesetzt, welche zum Teil aus richterlichen, zum Teil aus
Verwaltungsbeamten bestanden”. Dieselben hatten jedoch meist
nicht den Charakter von ständigen Behörden, sondern den von
wechselnden Kommissionen, deren Mitglieder nur auf Zeit er-
nannt wurden. -
Das Reichsgerichtsverfassungsgesetz® hat den
Grundsatz aufgestellt, daß die Gerichte über die Zulässigkeit des
Rechtsweges, also über ihre eigene Kompetenz entscheiden. Jedoch
bleibt der Landesgesetzgebung das Recht vorbehalten, die Ent-
scheidung der Kompetenzkonflikte besonderen Behörden zu über-
tragen, mit der Maßgabe, daß bei der Regelung der Organisation
und des Verfahrens dieser besonderen Behörden (Kompetenz-
gerichtshöfe) die durch $ 17 GVG gegebenen Bestimmungen zu
berücksichtigen sind.
2. Nach den Bestimmungen des Reichsgerichtsverfassungs-
gesetzes und der auf Grund desselben erlassenen Landesgesetze
gelten über die Kompetenzkonflikte jetzt in Deutschland folgende
Grundsätze:
a) In denjenigen Ländern, in welchen besondere landesgesetz-
liche Vorschriften nicht bestehen, steht die reichsgesetzliche Vor-
schrift in Kraft, nach welcher die Entscheidung über die Zu-
lüässigkeit des Rechtsweges den Gerichten zusteht, Hier besitzt
also die Verwaltung keinerlei Befugnis zur Erhebung des Kom-
? Preuß. G. über das Verfahren bei Kompetenzkonflikten vom 8. April
1847, durch V. vom 16. September 1867 auf die neuen Provinzen, durch G.
vom 25. Februar 1878 8 3 auf Lauenburg ausgedehnt. Bayr. G., die Kom-
petenzkonflikte betr., vom 28. Mai 1850. Sächs. G., die Behörden für Ent-
scheidung über Kompetenzzweifel betr., vom 13. Juni 1840. Braunschw.
G., die Errichtung eines Gerichtshofes zur Entscheidung von Kompetenz-
streitigkeiten betr., vom 19. Mai 1851, Abänderungsgesetz vom 9. Febr. 1865.
Oldenb. G. vom 24. März 1870, betr. die Kompetenzkonflikte. Reußj.L.
V. über das Verfahren bei Entscheidung der Kompetenzkonflikte vom 17. März
1860. Wald. G., die Kompetenzkon ikte betr., vom 9. Mai 1854. Brem.
G., die Entscheidung der Kompetenzkonflikte betr. (Nr. VI der Verfassungs-
gesetze
8 kave 8 17.