Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

850 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 196. 
Z u3 (vgl. oben S. 845). — Gegenüber seinen Angehörigen, wenn 
sie ihrer militärischen Dienstpflicht genügen, einerlei, in welchem 
Kontingent des deutschen Heeres dies geschieht, hat jeder deutsche 
Einzelstaat das Recht auf Leistung des Fahneneides®*, in dem 
— nach näherer Vorschrift der Landesgesetze und der Militär- 
konventionen — der Soldat seinem Landesherrn „treu zu dienen“ 
verspricht. Der Fahneneid wird nicht dem Heere des Kon- 
tingents, in dem der Schwörende dient, sondern dem Landesherrn ®® 
des Staates geleistet, dem er angehört, sodaß also der Preuße, 
welcher in einem württembergischen Regiment dient, nicht für den 
König voä Württemberg, sondern für den König von Preußen zu 
vereidigen ist. Das Recht auf Empfang des Fahneneides steht 
auch denjenigen Einzelstaaten zu, welche auf ihre Kontingents- 
herrlichkeit durch Militärkonvention mit Preußen verzichtet haben ®°, 
Die bestehenden Formeln der Fahneneide bilden — neben Art. 3 
Abs. 5 RVerf. — einen sprechenden Beweis dafür, daß die RVerf. 
den Heeresdienst als einen nicht dem Reiche, sondern dem Einzel- 
staate, und zwar dem Heimatstaate des Dienenden geleisteten 
Dienst aufgefaßt wissen will. — . 
Bei zusammenfassender Betrachtung der vorstehend geschil- 
derten Zuständigkeitsverteilung zwischen Reich und Land ergibt 
sich: Die Einzelstaaten sind zweifellos im Besitz mannigfacher 
Hoheitsrechte auf dem Gebiete des Heereswesens geblieben, aber 
bedeutsamer als der Umfang dieser Rechte sind ihre Beschränkungen. 
Wohl liegt die Militärverwaltung und selbst ein großer Teil der 
Heeresleitung in der Hand der Einzelstaaten, aber diese Tatsache 
tut der materiellen, militärisch-technischen Einheitlichkeit des 
Heeres keinen Abbruch, sie kann ihr nicht schaden. Denn die 
gesamte militärische Tätigkeit der partikularen Gewalten vollzieht 
sich nach dem Richtmaß der Reichsgesetze, des kaiserlichen Ober- 
befehls, des Reichshaushaltplans, unter steter Beaufsichtigung 
seitens des Reichs. Sie ist zwar subjektiv Landesverwaltung, ob- 
jektiv aber, weil eine Gebahrung mit Reichsgut und Reichsgeld, 
eichsverwaltung. Der Heeresdienst ist, als Offizier- wie als 
Mannschaftsdienst, ein dem Einzelstaate geleisteter Dienst, aber 
ein Dienst, den das Reich auferlegt, regelt, befehligt, beaufsichtigt, 
bezahlt, ein Dienst, der letzten Endes doch nur des Reichs wegen 
da ist, denn Krieg führen kann nicht mehr der Einzelstaat, sondern 
nur noch das Reich.] 
& Laband 4 74 ff.; Hecker, Art. „Fahneneid“ in v. Stengels Wörterbuch 
(1. Aufl); Everling, ArchÖffR 85 167 ff. 
85 Über die in den Fahneneid aufzunehmende Pflicht zum Gehorsam 
gegen Befchle des Kaisers 8. o. 849, 
36 Die Senate der Hansestädte gelten im Sinne dieser Bestimmung als 
Landesherren. 
37 Vırl) unten $ 197.
	        
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