Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. $ 202. 871 
den Erträgen desselben wurden die Kosten des landesherrlichen 
Hofhaltes und der Landesverwaltung bestritten. Weitere Ein- 
nahmen flossen den Landesherren aus den Regalien zu, d.h. 
nutzbaren Hoheitsrechten, welche durch kaiserliche Verleihung 
auf sie übergegangen waren. Die Abgaben der Untertanen waren 
teils privatrechtlicher Natur, teils erschienen sie als freiwillige 
Beiträge, zu deren Leistung dieselben nur infolge der Bewilligung 
durch die Landstände verpflichtet waren (oben $ 94). An das 
Steuerbewilligungsrecht der Landstände schloß sich das Recht der 
Verwaltung und Erhebung der Steuern an. Entsprechend dem 
Verhältnis von Landesherrn und Ständen, welche als zwei getrennte, 
nur durch eine Reihe von Rechten und Pflichten verbundene 
Subjekte erschienen, bestanden auch zwei getrennte Vermögens- 
massen: das Kammergut, als dessen Eigentümer der Landesherr 
erschien, und das Landesvermögen, d. h. die landständische 
Steuerkasse und die aus ihren Mitteln erworbenen Güter, welche 
der Korporation der Landstände gehörten. Da jedoch die Kammer- 
güter fortdauernd die Grundlage der Finanzwirtschaft blieben, so 
suchten die Landstände auch auf die Verwaltung dieser Einfluß 
zu gewinnen. Sie setzten es in der Regel durch, daß wenigstens 
die Veräußerung von Kammervermögen, auch wohl die Aufnahme 
von Kammerschulden an ihre Mitwirkung gebunden wurde. 
Die Abgaben der Untertanen waren entweder Naturalleistungen, 
oder sie hatten steuerartigen Charakter nach der Art von Ver- 
mögenssteuern, welche aufdem Grundbesitz lasteten; da- 
neben kamen seit Ende des Mittelalters Kopfsteuern und indirekte 
Steuern vor. Nach dem dreißigjährigen Kriege, als der verwüstete 
Grundbesitz nicht mehr imstande war, neue Auflagen zu ertragen, 
suchte man eine besondere Besteuerung des mobilen Kapitals 
herzustellen. Als solche erscheint die Akzise, eine Steuer ge- 
mischten Charakters, die sich namentlich aus einer Reihe von in- 
direkten Steuern zusammensetzte. Die Akzise wurde die regel- 
mäßige Form der Besteuerung für die Städte, während auf dem 
Lande die hergebrachten Grundsteuern bestehen blieben. 
Eine Beschränkung erfuhr das Steuerbewilligungsrecht der 
Landstände zuerst dadurch, daß den Landesherren reichsgesetzlich 
die Befugnis beigelegt wurde, ihre Untertanen für die Leistung 
der ihnen obliegenden Reichs- und Kreisbeiträge ohne besondere 
Bewilligung zu Steuern heranzuziehen®, Später dehnte man diesen 
Grundsatz auch auf diejenigen Steuern aus, welche zur Unterhaltung 
der Landesfestungen und ihrer Garnisonen * sowie zur Bestreitung 
der Legationskosten für Reichs- und Kreistage erforderlich waren®, 
Dagegen wurde der Versuch der Reichsstände, ein weitgehendes 
fast unumschränktes Besteuerungsrecht reichsgesetzlich feststellen 
® RA von 1530 8 118, von 1548 8 24, von 1548 8 102. WK Art. XV S$3, 
* RA von 1654 8 180. WK Art. XV 89, 
& Kommissionsdekret vom 19. Juni 1670 (NS der RA 4 80; Schmauß 
Corp. iur. publ. 1076).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.