950 Zweiter Teil. Viertes Buch. $ 215.
lieferung übernommen®; [b) Ausländer dürfen durch Verfügung
der zuständigen Landesbehörde aus dem Gebiete des Einzelstaates,
in dem sie wohnen oder sich aufhalten ausgewiesen werden,
Die Ausweisung ist ın allen Fällen zulässig, in denen das weitere
Verweilen des Auszuweisenden im Gebiete des betreffenden Staates
eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung be-
deutet. Manche Landesgesetze gestatten die Ausweisung auch
wegen Mittellosigkeit des Auszuweisenden, insbesondere dann, wenn
der Auszuweisende der öffentlichen Armenpflege zur Last fällt.
Das Recht, Ausländer aus dem ganzen Reichsgebiete auszu-
weisen, steht den Einzelstaaten und ihren Behörden selbstverständ-
lich nur insoweit zu, als es ihnen durch Reichsgesetz ausdrücklich
beigelegt ist. Dies ist geschehen für den Fall gewisser straf-
gerichtlicher Verurteilungen®.. Durch Reichsbehörden können
Ausweisungen nur in den reichsunmittelbaren Gebieten, im übrigen
aber nicht angeordnet werden.]
Reichsangehörige dürfen weder einer fremden Regierung
ausgeliefert noch aus dem Reichsgebiete verwiesen werden. Der
Grundsatz der Nichtauslieferung von Inländern ist sowohl durch
das StrGB? als durch die Auslieferungsverträge des Deutschen
Reiches ausgesprochen worden. Die Landesverweisung wurde
früher auch den Inländern gegenüber als eine durch gerichtliches
Urteil zu verhängende Strafe in Anwendung gebracht. Sie ist
jedoch als solche zum Teil schon durch die Gesetzgebung des
achtzehnten®, überall durch die des neunzehnten Jahrhunderts be-
seitigt worden. Das geltende deutsche Recht kennt sie nur bei
Ausländern?.
Das Wohnrecht im Reichsgebiet äußert sich also darin, daß
gegenüber denjenigen Personen, welchen dasselbe zusteht, weder
4 ‚Ein Verzeichnis der vom deutschen Reiche bisher abgeschlossenen
Auslieferungsverträge bei Frank, Art. Auslieferung, WStVR 1 263 (vgl.
auch die tabellarische Zusammenstellung der Auslieferungsdelikte nach den
bestehenden Verträgen das. 268 ff). Die Zuständigkeit des Reiches zum Ab-
schluß von Auslieferungsverträgen ist keine ausschließliche: soweit die
Reichsverträge und Reichrgesetze nicht entgegenstehen, können auch die
ar noch Auslieferungsverträge schließen. Übereinstimmend Frank
8.8. 0. .
5 (Vgl. Fleischmann, Art. Ausweisung im WStVR 1 280 ff.; Kayser-
Loening, Art. Ausweisung im Handwörterb. d. Staatswiss. 2 314 ff.; v. Conta,
Die Ausweisung aus dem Deutschen Reiche usw. (1894); Holtzendorf, Die
polizeiliche Landesverweisung im preuß,. Staatsrecht, ZStaatswiss. 62 409 ff.;
v. Overbeck, Niederlassungsfreiheit u. Ausweis.R (1907). Weitere Literatur-
angaben bei Fleischmann a. a. O. 289, 290 und in der Voraufl. $ 215
nm, 6].
6 |StrGB 88 39, 284, 362 (181a); RGes. gegen den Verrat militärischer
Geheimnisse vom $. Juni 1914 (RGBi 195), $ 14 Abs. 2; RGes. gegen die
Steuerflucht vom 26. Juli 1918 (RGBI 951), 8 24].
? RStGB $ 9,
8 In Preußen schon durch Kabinettsorder vom 4. Jan. 1744.
% Vgl. die oben Anm. 6 angegebenen Gesetzesvorschriften. Die Aus-
weisung erscheint hier überall a eichsverweisung.