054 Zweiter Teil. Viertes Buch. 8 217.
tungen in Verfassungen und Gesetzen erhalten. Von anderer
Seite wird der Bestand derartiger Rechte in Abrede gestellt? und
behauptet, es handle sich hier nur um Vorschriftien des ob-
jektiven Rechtes, welche Schranken für die Staatsgewalt
feststellten, die sog. Grundrechte seien nur Betätigungen der
natürlichen Handlungsfreiheit. Aber die natürliche
Handlungsfreiheit unterliegt im Staate vielfachen rechtlichen Be-
schränkungen. Und die Feststellung von Grundrechten hat die
Bedeutung, in bezug auf Handlungen einer bestimmten Art der-
artige Beschränkungen ausdrücklich auszuschließen. Viele Hand-
lungen, welche sich als Ausfluß der natürlichen Handlungsfreiheit
darstellen, sind niemals von Beschränkungen betroffen worden.
Es ist daher auch kein Bedürfnis vorhanden gewesen, in bezug
auf sie dem Einzelnen eine Freiheit von Einwirkungen der staat-
lichen Organe ausdrücklich zuzusichern. Andere Handlungen
waren dagegen früher derartigen Beschränkungen unterworfen und
die Feststellung der Grundrechte hatte die Aufgabe, dieselben zu
beseitigen. Die Verfassungen und Gesetze, welche diese Be-
seitigung vornahmen, enthielten zweifellos objektives Recht.
Individuums begründen oder ob sie lediglich objektives Recht, Be-
schränkungen der Staatsgewalt darstellen, als deren „Reflexwirkung“ eine
besondere Sicherstellung der Freiheitssphäre des Individuums erscheint,
Als Vertreter der ersten Alternative können gelten: H. A. Zachariä 1
443 f.; Zöpfl 2 18ff.; v. Mohl, Württ. StR 88 69 ff.; Bluntschli, Allgem.
Staatsr. 603; v.Roenne, Preuß. StR (4. Aufl.) 2 3ff., 37 (3 3ff. hat Zorn un-
verändert in die 5. Aufl. übernommen: v.-Roenne-Zorn 1 600 ff.; im übrigen
steht Zorn auf dem entgegen esetzten Standpunkt: a. a.0. 2 150); Schulze,
Preuß. StR 8 112, Deutsches Staatar. 1 g 145; Gierke in Schmollers Jahrb.
2? 1132 ff.; Loening, VerwaltR 13; v. Stengel, VerwaltR 35, VerwArch 3
194 ff.; G. Meyer in den Vorauflagen dieses Buches; Merkel, Enzyklopädie
206; v. Kirchenheim, Lehrb. d. Staatsr. 141ff.; Gluth, ArchÖffR 8 572 ff.;
Fleiner, Institut. 167, 168; Hubrich, Preuß. StR 181, 182; Arndt, Komm. z.
preuß. VerfUrk (7. Aufl.) 62; Stier-Somlo, Preuß. Staatsr. 2 27; Ottmar
übler, Die subj. öff. Rechte u. ihr Schutz in der deutschen Verwaltungs-
rechtsprechung 61 ff. — In diese Gruppen von Schriftstellern gehören aber
auch Jellinek, System 94 ff. und Anschütz, Enzykl. 89, 90, Kommentar 9%,
97: beide sind zwar nicht geneigt, in jeder von der Verfassung verbrieften
„Freiheit“ einen individualisierten Öffentlich-rechtlichen Anspruch anzu-
erkennen, erblicken aber in allen diesen Freiheiten (persönliche u. Eigen-
tumsfreiheit, Freiheit der Wohnung, der Meinungsäußerung, Religionsfreibeit,
Versammlungsfreibeit usw.) Ausflüsse und Anwendungen eines allgemeinen
Grundsatzes, der als solcher Quelle eines ebenso allgemeinen Rechtes ist;
dieser Grundsatz ist gleichbedeutend mit dem, was oben $ 178 S. 760 ff. als
Prinzip der gesetzmäßigen Verwaltung zur Anschauung gebracht ist. Auf
die Innehaltung dieses Prinzips, also auf die Unterlassung aller ungesetz-
lichen Eingriffe in die persönliche Freiheit, hat jedermann ein subjektives
echt.
Dagegen wird die Eigenschaft der Grundrechte, insbesondere auch der
in die Ve ssungen aufgenommenen, als subjektiver Rechte geleugnet von
v. Gerber, ÖR. echte 76 ff., Grundzüge 33f.; Seydel, Allgem. Staatslehre
49 ff.; Seydel-Piloty, Bayer. StR 1 178; Laband, Staatsr. 1 151 ff.; Bornhak,
Preuß. Staater. 1 294 ff.; Zorn bei v. Roenne-Zorn a. a, 0.2150; Otto Mayer,
VerwR (2. Aufl.) 1 111; Giese Grundrechte 70 ff., 75.
® Vgl. die vorstehende Anm., a. E,