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gedehntes Eisenbahnnetz, ihre Truppen auf dem schnellsten Wege nach
Norden zu schaffen, um gegen unseren linken Flügel starke Streitkräfte
zusammenzuziehen. Mitte November machte sich eine deutsche Offensive
in der Gegend zwischen Weichsel und Warthe bemerkbar, die zu Kämpfen
führte, die sich gegenwärtig auf der Front Plock—Lentschitsa—Puneiomw
entwickeln. In Ostpreußen in der Gegend von Stallupönen und Possessern
versuchte der Feind durch abgesonderte Abteilungen unsere Offensive auf-
zuhalten, zog sich aber zurück, nachdem sein Versuch mißglückt war. (9) In
der Gegend von Soldau und Neidenburg dauert die Aktion an. Unsere
Offensive gegen Krakau und die galizische Front wird fortgesetzt. Die
Versuche der Oesterreicher, auf unseren Angriffsstraßen feste Stellungen
einzunehmen, bleiben ohne Erfolg. In den Kämpfen am 13. November
südlich Lysky machten wir zehn Offiziere und Tausende von Soldaten zu
Gefangenen. (Notiz des W.T. B.: Man weiß, mit welcher Vorsicht
russische Zahlenangaben aufzunehmen sind.)
Die Jagdfahrten der „Karlsruhe“.
Rotterdam, 17: November. In England ist Kapitän Jonker,
Offizier des holländischen Schiffes „Maria“, das einer Rotterdamer
Reederei gehört, eingetroffen. Der Dampfer war für englische Rechnung
vermietet und nach Belfast mit Getreide unterwegs. Der Kapitän er-
zählte seine Erlebnisse dem Londoner Vertreter des Allgemeinen Handols-
bladet: Nachdem der Dampfer seit Juni die halbe Welt umfahren hatie,
wurde er schließlich in Kortland in Oregon mit Weizen beladen. Infolge
eines Brandes im Hafen befand sich auch sein Schiff, das mehr als 5000
Tonnen Weizen geladen hatte, in Gefahr. Am 20. Juni dampfte das
Schiff nach Coronel in Chile ab, um die Kap Verdischen Inseln zu er-
reichen. Bis dahin war Kapitän Jonker nur erster Steuermann gewesen.
Am 10. und 11. August auf der Fahrt nach Coronel verschwand auf un-
bekannte Weise der Kapitän von Bord und Jonker mußte die Führung
des Schiffes übernehmen. Am 1. September verließ das Schiff Punta
Arenas und gelangte in den südlichen Teil des Atlantischen Ozeans. Am
18. September befand er sich auf der Höhe von Pernambuco. Gegen zwei
Uhr mittags wurde es durch einen englischen Kreuzer angehalten. Nach-
dem der englische Seeoffizier alles an Bord in Ordnung gefunden hatte,
riet er dem Kapitän Jonker, auf der Hut vor deutschen Schiffen zu sein.
Er sagte jedoch nicht, wo solche sich befinden könnten. Am 21. September
tauchte ein anderer Kreuzer auf, dem mehrere Schiffe folgten. Es war
der deutsche Kreuzer „Karlsruhe"“. Die „Maria“ wurde angehalten. Als
die deutschen Offiziere aus den Schiffspapieren ersehen hatten, daß die
„Maria“ Weizenladung für England an Borr hatte, erhielt der Kapitän
und die Bemannung Befehl, das Schiff mit ihren eigenen Sachen zu ver-
lassen. Sie gingen auf den Dampfer „Crefeld“ über, eines der Schiffe,
die dem Kreuzer folgten, und wo sich die Bemannung verschiedener, in den
Grund gebohrter Schiffe befand. Nachdem die „Karlsruhe“ die „Maria"
versenkt hatte, machte sie Jagd nach einem englischen Schiffe. Kapitän
Jonker sah die „Maria“ allmählich versinken. An Bord der „Crefeld“
fand er die Bemannung von fünf englischen Schiffen, denen die „Karls-
ruhe“ den Untergang bereitet hatte. Es waren ungefähr 120 Mann.
Die Behandlung an Bord war gut. Die Engländer mußten sich verpflich-
ten, nicht gegen die Deutschen und Oesterreicher zu kämpfen. Der Aufent-