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ihnen nützte. Auch die Ueberzahl ist nicht entscheidend; im gegenwär-
tigen Stadium des Krieges noch weniger als bisher. Die Russen werden
uns nicht niederwalzen, im Gegenteil, die Russen sind mürbe. Alle
Anzeichen deuten darauf hin, daß sie bald fertig sind. An Waffen und
Munition beginnt es ihnen zu fehlen. Auch hungern sie. Selbst Offiziere
ermangeln der Nahrung. Auch das Land leidet not. Lodz hungert.
Das ist bedauerlich, doch es ist gut so.
Mit Sentimentalität kann man keinen Krieg führen. Je unbarm-
herziger die Kriegführung ist, um so barmherziger ist sie in Wirklichkeit,
denn um so eher bringt sie den Krieg zu Ende. Man merkt es auch an der
Art, wie die russischen Truppen sich schlagen, daß sie bald nicht mehr
weiter können. Der Krieg mit Rußland ist gegenwärtig
vor allem eine Nervenfrage.
Wenn Deutschland und Oesterreich-Ungarn die stärkeren Nerven haben
und durchhalten werden — und sie werden durchhalten — dann werden
wir siegen.
Wie Hindenburg und seine Offiziere erklärten, war der Haupt-
zweck des Vorstoßes nach Warschau und Iwangorod, die Eisenbahn nach
Warschau zu zerstören. „Das haben wir auch gehörig besorgt. Wenn
uns bei dieser Gelegenheit Warschau und Iwangorod in die Hände cge-
fallen wären, hätten wir nicht nein gesagt. Aber darauf gerechnet haben
wir nicht. Hingegen mit der Eisenbahn haben wir erreicht, was wir
wollten. Die ist gründlich kaput. Die Russen verstehen sich vortrefflich
darauf, eine zerstörte Eisenbahn wiederherzustellen, allein es hat doch
wochenlang aufgehalten, und das war unser Plan.“
(Tägliche Rundschau, 20. November.)
Generalquartiermeister v. Voigts-Rhetz 7.
Großes Hauptquartier, 19. November. Generalquartier--
meister, Generalmajor v. Voigts-Rhetz, ist in der Nacht vom 18. zum
19. November unerwartet einem Herzschlage erlegen. Sein Nachfolger
ist noch nicht bestimmt. (W.T.B.)
Die Russen auf Batum zurückgetrieben.
Konstantinopel, 19. November. Amtlicher Bericht des Haupt-
quartiers. Seit zwei Tagen greift unser Heer mit Macht das russische
Heer an, das seine Stellung in der Linie Azab—Zazak—Khahab in der
Umgebung der Grenze eingenommen hat. Mit der Hilfe Gottes hat unser
Heer durch einen Bajonettangriff die Höhen in der Umgebung von Azab
erobert, die der Feind außerordentlich stark befestigt hatte. Der Kampf,
der heftig ist, nimmt für uns einen sehr günstigen Verlauf. Unsere in
der Richtung auf Batum vorrückenden Truppen haben dem Feinde eine
weitere große Niederlage beigebracht und die Stellungen von Zavotlar
und Kourz besetzt; sie haben bei Zavotlar von den Russen eine Fahne er-
beutet und sechs Offiziere, darunter einen Oberstleutnant und einen
Hauptmann von den Kosaken, sowie mehrere hundert Soldaten zu Ge-
fangenen gemacht; sie eroberten vier Kanonen und ein Automobil, eine
Menge Pferde und viel Lebensmittel. Die russischen Verluste sind groß.
Der Rest rettete sich in ordnungsloser Flucht in der Richtung auf Batum.