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war, ist durch mehr als ein Aktenstück dargetan worden. Auch die Eng-
länder haben es nicht verstanden, sich in dieser Hinsicht die Hände rein zu
halten. Am schwersten mögen sie durch die Ausschreitungen ihrer indischen
Truppen belastet sein. Daß es an solchen Ausschreitungen nicht fehlt,
daß Fälle von Raub und Plünderung vorgekommen sind, ja, daß Posten
und Wachmannschaften daran beteiligt waren, erweist das nachstehende
vertrauliche Memorandum für die Offiziere des indischen Armeekorps:
(Uebersetzung.)
Vertraulich. Nr. 3/3 (A)
Hauptquartier, Indisches Armeekorps.
Datiert, 22. Oktober 1914.
Memorandum für das Verhalten der Offiziere des Indischen Armeekorps.
1. Nach den Bestimmungen des Indischen Armee-Gesetzes § 45a
kann auf körperliche Züchtigung von einem Kriegsgericht zu Recht erkannt
werden bei jedem Verstoße, der von einer diesem Gesetze unterstehenden
Militärperson vom Feldwebelleutnant abwärts im aktiven Dienst verübt
worden ist. Auf Grund der Befehlssammlung des Indischen Armeekorps
dürfen jedoch solche Urteile nur gegen solche Personen gefällt werden,
die schuldig befunden wurden:
à) Grober Verstöße gegen Person oder Eigentum von Bewohnern des
Loandes nach § 41 des Indischen Armeegesetzes.
b) Einbruch in ein Haus zwecks Plünderung oder Plündern, sei es
nach (a) oder nach § 25 (i) desselben Gesetzes.
c) Plündern als Posten oder auf Wache usw. nach § 26 (c) des
Indischen Armeegesetzes.
d) Unehrenhaftes Betragen, nach § 31 des Indischen Armeegesetzes.
2. Offiziere, die ein summarisches Generalkriegsgericht berufen, sollen
stets dafür sorgen, nach § 98 (1) (c), daß, wenn der Urteilsspruch auf
körperliche Züchtigung lautet, die Prozeßakten ihnen zur Bestätigung zu-
gesandt werden. Mit Ausnahme der Fälle, in denen die Ueberweisung
in berechtigter Berücksichtigung der Erfordernisse des Dienstes nicht aus-
führbar ist, sollen alle solche. Fälle dem Generalauditeur des Indischen
Armeekorps unterbreitet werden, zwecks Vortrag vor der Bestätigung.
3. Körperliche Züchtigung, auf Grund des § 24 (2) des Indischen
Armeegesetzes, soll auf die Fälle beschränkt bleiben, in welchen sich Per-
sonen Vergehen laut oben erwähnten Absatz (1) zuschulden kommen ließen.
4. Körperliche Züchtigung darf nicht in Gegenwart von britischen
oder andern europäischen Truppen oder Zivilisten vollzogen werden.
5. Nach der Ansicht des Armeekorpskommandanten sollte Raub in
diesem Lande sehr streng bestraft werden; die verhängte Strafe sollte
deshalb nicht unter der Höchststrafe bleiben.
6. Ein Exemplar dieses Befehls soll im Besitze jedes britischen Offi-
ziers der Artillerie und der indischen Formationen im Indischen Armee-
korps sein. Ein Exemplar soll bei jedem Kriegsgericht, das unter Indi-
schem Militärgesetz in dem Armeekorps abgehalten wird, vorhanden sein.
W. E. O Leary, Oberst,
Stellvertretender Generaladjutant.
Indisches Armeekorps.