Full text: der Weltkrieg 1914. Band 2. (1)

wie in Südamerika wirkte seit langem fast die gesamte Presse in englisch- 
französischem Sinne. 1 
Die Frucht dieser Saat, die uns auch in Friedenszeiten vielen 
Schaden getan, ist in diesem Krieg geerntet: die öffentliche Meinung, 
auch des neutralen Auslandes hat sich weit überwiegend auf die anti- 
deutsche Seite gestellt. · 
Freilich: die Wirkung dieser Lügenpädagogik wäre doch nicht so 
durchschlagend gewesen, wenn in jenen Landen nicht innere Gegensätze 
zu deutschem Wesen vorhanden wären. Fleiß, Wissen, Gewissenhaftigkeit, 
Ordnungsliebe und Opferwilligkeit haben den Deutschen zu großen poli- 
tischen und wirtschaftlichen Erfolgen geführt; haben ihm aber auch 
Neider und Hasser in Menge erstehen lassen. Der Versuch, durch Fleiß 
und Wissen dem deutschen Mitbewerber in der Welt gleichzukommen, 
ihn gar unterzukriegen, liegt weder dem Engländer noch den andern; 
jetzt soll er nach langgehegtem Plan mit Gewalt kleingemacht werden. 
Jedenfalls ist es unfrerseits versäumt worden, die Bearbeitung der 
öffentlichen Meinung des Auslandes durch unsre Gegner mit ent- 
sprechenden Gegenmitteln zu bekämpfen. Die ausländische Presse ist 
zum großen Teile mehr oder weniger käuflich; die Zahlungsmethoden 
mögen hier feiner, dort gröber sein. Auch die in Laienkreisen bis vor 
lurzem sehr angesehene „Times“ spielt hier eine wenig erbauliche Rolle. 
Wie sie sich gegen bestimmte Summen den Regierungen zur Verfügung 
stellt, darüber ist erst kürzlich allerlei enthüllt worden; sie verschmäht 
selbst kleine Staaten nicht. Paraguay zahlt ihr jährlich 2000 Pfund 
Sterling. Die argentinische Regierung hat neuerdings einen ähnlichen 
Erxpressungsversuch der „Times“ abgelehnt. Daß ihr ihre berühmte 
russische Beilage enorme Summen einbrachte, war in fachmännischen und 
politischen Kreisen ein offenes Geheimnis. Wenn jetzt bekannt wird, 
daß die russische „Nowoje Wremja“ denselben Geldmännern gehört wie 
die „Times“, so kann man sich ungefähr denken, welch tendenziöse unter- 
irdische Maulwurfsarbeit hier getrieben wurde. Die „Times“ rühmte 
sich ganz offen, daß dieser Krieg ihr Krieg wäre. — Dies ein Beispiel 
für viele. 
In Deutschland wäre es, — das darf zum Ruhme unsrer Presse 
gesagt werden — völlig undenkbar, daß deutsche Zeitungen im Solde des 
Auslandes stehen. Das erklärt manche Versäumnisse, die wir draußen 
begangen, entschuldigt sie aber nicht. Denn diese Versäumnisse haben uns 
ernsten Schaden bereitet. Dazu kam noch, daß England in der Lage war, 
unfre direkten Kabelverbindungen zu zerstören. „Deutschland ist vom 
internationalen Nachrichtenverkehr abgeschnitten, kann sich gegen Lügen 
nicht verteidigen“ klagte der Kanzler im Beginn des Krieges. 
All diesen Uebelständen muß durch den Frieden und nach dem 
Frieden mit Nachdruck abgeholfen werden. Das wird, wenn des Krieges 
Stürme schweigen, eine unfrer Hauptaufgaben sein, und nicht die 
leichteste. 
Aber selbstverständlich konnte der Angriff gegen die Großmacht Lüge, die 
gegen uns aufgeboten ist, nicht bis zum Friedensschluß aufgeschoben werden, 
er mußte sofort erfolgen. Und das ist in reichem Maße geschehen. Der Kanz- 
ler, Botschafter, wirtschaftliche und wissenschaftliche Körperschaften, engere
	        
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