Full text: der Weltkrieg 1914. Band 2. (1)

— 613 — 
Das Blatt fährt fort: „Im Osten fanden große entscheidende Schlachten 
statt, Die Niederlage Samsonows in Ostpreußen war eine größere Affäre 
als selbst die Schlacht bei Mulden. Die Russen verloren bei Mukden etwas 
über 100 000 Mann, verloren aber bei Tannenberg dieselbe Zahl allein 
an Gefangenen. Zwei andere ernsthafte Niederlagen folgten bei Inster- 
burg und bei Lyck. Die an Zahl stärkste Armee kann Niederlagen von 
solcher Größe nicht ertragen, ohne erschüttert zu werden. Ein Wunder ist 
nicht, daß die Russen Gelände verloren, sondern, daß sie imstande waren, 
hes so schnell zurückzugewinnen, aber der Preis für die Verstärkung des 
russischen Flügels in Ostpreußen war der Verlust der Früchte der Siege 
über Oesterreich in Galizien. Die Russen verloren in den letzten zehn Tagen 
fast allen Boden, den sie durch zerschmetterte Siege über den österreichischen 
linken Flügel gewonnen hatten. Das Blatt hält die russischen Aussichten 
auf Sieg an der Weichsel für gut, sagt aber, es müsse die Tatsache anerken- 
nen, daß die Russen zurückgehen und daß gegenwärtig eine Invasion in 
Schlesien nicht in Frage komme. Das Blatt fragt, woher die Deutschen 
all ihre Männer nehmen. Die Verbündeten scheinen die Stärke der deutschen 
Reserven unterschätzt zu haben, dagegen sei die Reserve der russischen Be- 
völkerung so unausgebildet, wie die englische. Da die Lebensdauer in Ruß- 
land kürzer ist, als in Deutschland und England, weisen die Reserven der 
ausgebildeten Männer einen stärkeren Abgang auf. Die gewaltigen Massen 
der russischen Bevölkerung werden früher oder später ins Gewicht fallen, 
aber vielleicht erst später. Einstweilen befinden sich die Verbündeten trotz 
iherr Ueberlegenheit an Volkszahl über Deutschland und Oesterreich tat- 
sächlich in numerischer Minderheit auf den entscheidenden Punkten des 
Feldes, und zwar in diesen ersten Monaten des Krieges, auf die sich Deutsch- 
lands größte Hoffnungen gründen. Später wird das anders sein, aber 
augenblicklich sind alle Anstrengungen für uns erforderlich.“ 
Die Russen in Perfien. 
Konstantinopel, 18. Oktober. Nach hier eingetroffenen zuver- 
lässigen persischen Nachrichten haben die Russen, die ihren Einfluß in Asser- 
beidschan schwinden sahen, einen neuen Polizeidirektor in Täbris ernannt. 
Sie lassen russische Polizisten aus dem Kaukasus kommen und bilden eine 
Geheimpolizei, die das Tun und Treiben der persischen Liberalen über- 
wacht, Briefe und Postsendungen öffnet und alle Kaufleute und Reisen- 
den Verhören unterzieht. Es geht das Gerücht, daß die Russen neue Truppen 
nach Asserbeidschan kommen lassen wollen. 
Ein deutscher Kreuzer im NRoten Meer. 
Konstantinopel, 19. Oktober. Die hiesigen Blätter berichten, 
daß ein deutscher Kreuzer die im Bau befindliche Eisenbahnlinie von 
Dschibuti nach Adis Abeba, die von den Franzosen gebaut wird, bombar-= 
diert habe. Die Strecke sei zerstört worden, wobei auch die Niederlassungen 
der französischen Kolonie Schaden gelitten hätten. 
Eine amtliche Bestätigung dieser Meldung liegt bis zur Stunde nicht 
vor, doch darf man wohl mit Bestimmtheit annehmen, daß die Nachricht 
richtig ist und einen neuen Beweis von dem Heldenmut und der Angriffs- 
lust unserer Auslandskreuzer erbringt. Dschibuti ist französischer Besitz und 
Ausgangspunkt der nach der abessinischen Hauptstadt führenden Eisenbahn. 
39 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.