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dem herrschte ein großer Mangel an Offizieren. Der ersten Brigade
fehlten 16 Offiziere; von den mitgehenden 14 kannten nur 4 den Infan-
teriedienst. Den Mannschaften fehlten Patronentaschen und die vor-
geschriebene Anzahl Patronen. Sie hatten nur Schießübungen mit dem
Zielgewehr auf 30 Schritt Entfernung gehabt und erhielten die Dienst-
gewehre erst ein bis zwei Tage vor der Abreise. Ein Marineunteroffizier
traf im Lager am Tage der Abreise oder einen Tag zuvor ein, um
wenigstens möglichst vielen zu zeigen, wie man das Bajonett aufpflanze.
Unausgebildete und schlecht ausgerüstete Truppen in den Kampf zu ent-
senden kommt einem vorbedachten Mord gleich.
Das deutsche Regiment in Antwerpen.
Rosendaal, 19. Oktober.
Der deutsche Gouverneur von Antwerpen hat folgende Kundgebung
anschlagen lassen:
„Ich habe den Kriegsoberbefehl über Antwerpen übernommen und
hoffe, daß die Einwohner der Stadt sich nicht durch Feindseligkeiten,
welcher Art es auch sei, hinreißen lassen werden. Sollte mein Vertrauen,
das ich der Bevölkerung entgegenbringe, getäuscht werden, so werde ich
nicht zögern, die allerstrengsten Kriegsmittel anzuwenden. Es liegt im
Interesse der Bürgerschaft, die nachstehende Erklärung der Gemeinde-
behörde genau zu beachten.
Der Gouverneur von Antwerpen:
Freiherr v. Huene.“
Gegen Dünkirchen.
Rotterdam, 19. Oktober. Der Kriegskorrespondent des „Nieumws
Rotterdamschen Courant" meldet:
Das deutsche Heer, das Antwerpen belagerte, bewegt sich aul- ver-
schiedenen Straßen in der Richtung auf Dünkirchen, das von den Fran-
zosen besetzt und befestigt ist. Südlich Dünkirchens befindet sich eine
belgische Armee, deren Ueberbleibsel am Donnerstag angekommen sind.
Ihr Abzug glich einer Flucht, ohne jeden Zusammenhalt mit dem Teil
der Armee, der vor der Besetzung Antwerpens nach Ostende entkommen
war und nach Boulogne verschifft wurde. Er sollte dort reorganisiert
werden, um an den Kämpfen auf dem französischen linken Flügel teilzu-
nehmen. Dixmuiden, wo sich französische Seesoldaten zur Deckung des
belgischen Abzuges befanden, ist wahrscheinlich gestern geräumt worden.
Südlich Dünkirchen und Boulogne stehen sehr starke französische Truppen-
abteilungen. ·
Hochverrat in Kamerun.
Manga Bell hingerichtet.
Die Koloniale Korrespondenz vom 19. Oktober meldet:
Der Ausbruch des Krieges hat die Eingeborenen von Kamerun,
insbesondere die Duala, lebhaft beeinflußt und zu hochverräterischen
Umtrieben geführt. Mit erfreulicher Umsicht und Tatkraft hat der Ka-
meruner Gouverneur Evermaier sofort eingegriffen und den Haupt-
rädelsführer Manga Bell, der schon während der Enteignungsverhand-