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eine Verfehlung gegen die Vorschrift des 8 5 Ziffer 3 PreisSteigVO. in Frage
koimmen.1.) Das Bewußtsein des Täters, daß sein Verhalten eine Preis-
steigerung zur Folge haben werde, genügt keineswegs.2)
Die Absicht des Täters muß auf eine Steigerung der Preise gerichtet
12) Das Wesen der „Absicht“ im Rechtssinne formuliert denn auch der
„Gegenentwurf“ zu einem neuen Strafgesetzbuch im § 21 Abs. 1 dahin: „Absicht
Liegt vor, wenn die Vorstellung eines im Gesetz bestimmten Erfolges Beweggrund
der Begehung der Handlung ist.“
2) Die gegenteilige Auffassung, die Falck in der ersten Auflage von Hirsch
und Falck, „Der Kettenhandel als Kriegserscheinung“, in Beiträge zur
Kriegswirtschaft Heft 3, Berlin 1916, S. 56, vertrat und die in den
früheren Auflagen dieses Buches hier bekämpft worden ist, scheint von
Fälck in der zweiten Auflage der zitierten Arbeit nicht mehr aufrecht-
gehalten zu werden. Der IV. Senat gibt in seinem Urteil vom 23. März
1917. E. 50 S. 261 auf S. 272 = JW. 1917 S. 727 auf S. 729 auch
zu, daß das bloße Bewußtsein der Preissteigerung nicht genügt, möchte dann aber
den über die äußere Tat hinausgehenden Willen darauf beschränken, daß der Täter
den Eintritt des Erfolges (d. i. der Preissteigerung) in den Willen ausgenonnnen
hat. Wie der so bestimmte Wille der Preissteigerung über das Bewußtsein
Der Preissteigerung hinausgehen soll, ist schlechterdings unerfindlich. Psychologen
und Juristen waren doch stets darüber einig, daß ein Nebenerfolg, der mit einem
direkt gewollten Erfolg notwendig verbunden erscheint, dem Täter als mitgewollt
anzurechnen ist. (S. die Darlegungen und Literaturnachweise bei v. Hippel,
Die Grenze von Vorsatz und Fahrlässigkeit, Leipzig 1903, S. 82 ff.) Das RG-.
geht ja vereinzelt noch weiter. In dem Urteil des I. Senats vom 16. Juni 1898,
E. 31 S. 217, bezeichnet es nicht nur den Erfolg als gewollt und gebilligt, der
mit dem direkt gewollten unvermeidlich verbunden ist, sondern auch denjenigen,
den der Täter als mit höchster Wahrscheinlichkeit eintretend vorausgesehen hat.
Wie soll nun nach der Auffassung des IV. Senats ein Fall zu denken sein, bei dem
der Täter sich einer Preissteigerung als Folge einer aus eigensüchtigen Inter-
essen erfolgten Machenschaft (a. a. O. S. 270) nur bewußt geworden ist, sie aber
nicht auch gewollt hat? Es ist ohne weiteres dem IV. Senat als richtig zuzugeben,
wenn er (a. a. O. S. 273) darauf hinweist, daß die Anwendung der in Frage
stehenden Vorschrift, stark eingeengt ist, falls man die Preissteigerung als Be-
weggrund des Handelns bezeichnet. Daraus können aber irgendwie durch-
schlagende Bedenken gegen die diesseitige Auslegung des Gesetzes nicht hergeleitet
werden. Man hat bei Schaffung dieser Vorschrift offensichtlich an Machenschaften
gedacht, die zur Erhöhung des allgemeinen Preisniveaus dienen sollen; so erklürt
es sich auch, daß die Ziffer 3 des § 5 nicht wie die Ziffer 1 von „Gewinn“, sondern
von „Preis"“ spricht. Ein solches Delikt ließ sich nur als Aksichtsdelikt schaffen.
An die Bekämpfung dessen, was man später als Kettenhandel erkannt hat, ist dabei
sicher nicht gedacht worden, zumal der Kettenhandel in seinem Wesen damals noch
gar nicht klar erkannt war. Jedenfalls hat der § 5 Ziffer 3 eine Fassung erhalten,
die es ausschließt, den Kettenhandel und ihm gleichstehende unlautere Machen-
schaften wirksam zu bekämpfen, und das ist ja eben der Grund, weshalb sich später
die Schaffung der Kettenhandelverordnung als notwendig erwies. Die nachträgliche
Erkenntnis einer legislatorischen Kurzsichtigkeit kann aber nie dazu dienen, einem
vom Gesetzgeber angewandten feststehenden Begriff eine andere Bedeutung unter-
zulegen.
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