Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 81. VIII. Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Gehülfen ꝛc.). 261 
ordnung oder Arbeitsvertrag ausbedungen wird, über die Verwendung 
der verwirkten Beträge (§ 134b Ziff. 5). 
Besondere Bestimmungen sind bezüglich der Strafen getroffen. Straf- 
bestimmungen, welche das Ehrgefühl oder die guten Sitten (z. B. 
Prügel= und Freiheitsstrafe) verletzen, dürfen in die Arbeitsordnung 
nicht aufgenommen werden. Geldstrafen dürfen die Hälfte des durch- 
schnittlichen Tagesarbeitsverdienstes nicht übersteigen; jedoch können 
Tätlichkeiten gegen Mitarbeiter, erhebliche Verstöße gegen die guten 
Sitten, sowie gegen die zur Aufrechterhaltung der Ordnung des Be- 
triebs, zur Sicherung eines gefahrlosen Betriebs oder zur Durchführung 
der Bestimmungen der GO. erlassenen Vorschriften mit Geldstrafen 
bis zum vollen Betrage des durchschnittlichen Tagesarbeitsverdienstes 
belegt werden. Alle Strafgelder müssen zum Besten der Arbeiter der 
Fabrik verwendet werden. Das Recht des Arbeitgebers, Schaden- 
ersatz zu fordern, wird durch diese Bestimmung nicht berührt. 
c) Verbindliche Kraft der Arbeitsordnung. 
Der Inhalt der Arbeitsordnung ist, soweit er den Gesetzen nicht 
zuwiderläuft, für beide Teile, für die Arbeitgeber und Arbeiter rechts- 
verbindlich (§ 1340 Abs. 1). Wenn auch grundsätzlich für den Inhalt 
der Arbeitsordnung Vertragsfreiheit gilt, so gelten doch Ausnahmen 
hiervon gemäß § 1346 Abs. 2, indem dort bestimmt wird, daß andere 
als die in der Arbeitsordnung oder in der Gewerbeordnung (88 123, 
124) vorgesehenen Gründe der Entlassung und des Austritts aus der 
Arbeit im Arbeitsvertrage nicht vereinbart werden dürfen. 
d) Schutzvorschriften zugunsten der Fabrikarbeiter 
bei Erlaß der Arbeitsordnung oder eines Nachtrages derselben: 
a) Kenntnisgabe derselben vor Erlaß, bezw. bei Vorhandensein 
eines ständigen Arbeiterausschusses Anhörung desselben; 
6) die Arbeitsordnung, sowie jeder Nachtrag zu derselben ist 
unter Mitteilung der seitens der Arbeiter geäußerten Bedenken, soweit 
die Außerungen schriftlich oder zu Protokoll erfolgt sind, binnen drei 
Tagen nach dem Erlaß in zwei Ausfertigungen der unteren Ver- 
waltungsbehörde einzureichen. Dabei ist kenntlich zu machen, daß die 
Arbeiterschaft bezw. deren Ausschuß gehört worden ist (§ 134e Abs 1). 
7) Aushang der Arbeitsordnung an geeigneter, allen beteiligten 
Arbeitern zugänglichen Stelle. Erhaltung des Aushanges in lesbarem 
Zustande. Behändigung derselben an jeden Arbeiter bei seinem Eintritt 
in die Beschäftigung (§ 134e Abs. 2). 
) Die verhängten Strafen der Arbeitsordnung müssen ohne Verzug 
pperest und dem Arbeiter zur Kenntnis gebracht werden (§ 1240 
. 2). 
s) Die verhängten Geldstrafen sind in ein Verzeichnis mit Namen 
des Bestraften, Tag der Bestrafung, Grund und Höhe der Strafe ein- 
zutragen, welches dem Beamten der Ortspolizeibehörde jederzeit zur 
Einsicht vorgelegt werden muß. 
5 Arbeitsordnungen und Nachträge zu denselben, welche nicht 
vorschriftsmäßig erlassen sind, oder deren Inhalt den gesetzlichen Be- 
stimmungen zuwiderläuft, sind auf Anordnung der unteren Verwaltungs-
	        
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