Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

368 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
8 100. Privatflüsse. 
Privatfluß ist ein durch die Natur hervorgebrachter, fortwährender 
Wasserlauf, welcher sich in einem ursprünglich nicht künstlich her- 
gestellten Bett bewegt. (OVG. E. vom12. September 1889 PVhl. 
148.) Als Privatfluß ist auch das erweiterte Bett anzusehen in dem 
Falle, wo der Fluß die alten Ufer zerstört und sich durch Fortreißen 
des hinterliegenden Landes ein neues oder erweitertes Bett und damit 
neue Ufer gebildet hat. (OVG. E. vom 2. Juli 1889 Bd. 18 
S. 361 (365.)). Der Wasserlauf steht im Privateigentum der Ufer- 
besitzer. Dieses Privateigentum der Uferbesitzer ist jedoch eigenartig 
gestaltet. Es enthält nur die Gesamtheit der Nutzungsrechte an dem 
Flusse (Fischerei-, Jagd-, Rohr-, Schilf= und dergl. Nutzungen), nicht 
ein gesondertes Privatrecht an dem vom Wasser überströmten Bett.) 
Dies ergibt sich namentlich aus den in dem Titel von den originären 
Eigentumserwerbsarten in dem Abschnitte über die An= und Zuwüchse 
enthaltenen, auf Privatflüsse wie auf öffentliche Flüsse bezüglichen 
(ogl. OTr. Urteil vom 1. Oktober 1866 Striethorst Archiv Bd. 65 
S. 26) Bestimmungen über die Alluvion, über Inseln und über die 
verlassenen Flußbetten (88 225 ff., 242 ff., 263 ff., Tit. 9 Teil I ALR.), 
wonach das Flußbett, soweit es dauernd vom Wasser verlassen wird 
und damit seine Eigenschaft als Flußbett verliert, entweder ohne 
weiteres in das Eigentum der Uferbesitzer übergeht, oder aber von 
den Uferbesitzern zu Eigentum erworben werden kann. Alle diese 
Bestimmungen sind mit der Annahme, daß das Flußbett, solange es 
vom Wasser überströmt wird, schon im Privateigentum steht, nicht 
vereinbar. (OVG. Urteil vom 20. Juni 1889 E. BDd. 18 S. 259 
(262) in v. Kamptz Bd. 3 S. 423). 
Als Uferbesitzer gilt hierbei nur derjenige, welcher unmittelbar ohne 
Trennung durch irgend einen Streifen Land an dem vorüberfließenden 
Wasser liegt. (Striethorst, Archiv Bd. 63 S. 318, RG. E. in Zivils. 
Bd. 13 S. 52). 
Obwohl den Uferbesitzern am Flußbett selbst kein Privateigentum 
zusteht, darf schon nach preußischem AL. (1 8 § 99) in den Privat- 
flüssen zum Nachteile der Nachbarn und Uferbewohner durch Hemmung 
des Ablaufs derselben nichts unternommen und verändert werden. 
Ebenso ist in § 39 II 15 Af. bestimmt, daß Privatflüsse zum 
Nachteile der bisherigen Eigentümer in schiffbare Ströme nicht ver- 
wandelt werden können. Die vorstehenden landrechtlichen Bestimmungen 
sind jetzt durch § 1 des Privatflußgesetzes ersetzt worden, danach ist 
jeder Uferbesitzer an Privatflüssen, (Quellen, Bächen oder Fließen, 
sowie Seen, die einen Abfluß haben), sofern nicht jemand das aus- 
schließliche Eigentum des Flusses, d. h. die Gesamtheit der Nutzungs- 
rechte hat, oder Provinzialgesetze, Lokalstatuten oder spezielle Rechtstitel 
eine Ausnahme begründen, berechtigt, das an seinem Grundstück 
1) §§ 39 ff. II 15 des preußischen A##. und § 1 des Privatflußgesetzes vom 
28. Februar 1843. Vgl. ferner Nieberding, Wasserrecht S. 38; Okr. Striethorst 
Archiv Bd. 82 S. 76 u. und NG. E. in Zivils. Bd. 12 S. 340 ff.
	        
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