Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

606 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
zu erteilen. Auch dies ist fortgefallen nach dem Gesetz vom 29. Mai 
1879 § 1 Abf. 4. 
2. Gegenwärtige Organisation der Universitäten. Die 
früher vorhandene Selbständigkeit und Autonomie der Universitäten 
hat in der Neuzeit sehr erhebliche Einschränkungen erfahren. Die Uni- 
versitäten sind im wesentlichen Staatsanstalten geworden mit einer 
statutarisch bestimmten Organisation. Das Vermögen wird nicht durch 
die Universität selbst und deren Organe verwaltet, sondern durch einen 
Universitätskurator, einen örtlichen Kommissar des Unterrichts- 
ministers, der im übrigen die staatliche Aufsicht ausübt. 
Jede Universität besitzt in der Regel vier Fakultäten (Wissenschafts- 
zweige): Theologie, Rechtswissenschaft, Philosophie, Heilkbunde. An der 
Spitze der Universität steht der Rektor und der akademische Senat, an 
der Spitze jeder Fakultät ein Dekan. Rektor (Prorektor), Senat und 
Dekane werden von den ordentlichen Fakultätsmitgliedern, den ordent- 
lichen Professoren gewählt. Bei jeder Universität ist ein besonderer 
Universitätsrichter bestellt. Die Dozenten an jeder Universität haben 
Pflichten und Rechte der Staatsbeamten (ALR. II 12 § 73). Sie 
beziehen auch den Wohnungsgeldzuschuß dieser (Ges. vom 12. Mai 1873 
§ 1). Sie gliedern sich in die ordentlichen Professoren mit Lehrauftrag 
für bestimmte Fächer, mit Dezisivvotum in allen Fakultätsangelegenheiten 
in den Sitzungen der Fakultät und des Senats, mit aktiver Teilnahme an 
der der Universität vorbehaltenen Selbstverwaltung, ferner in außerordent- 
liche Professoren mit Lehrauftrag ohne Teilnahme an der Selbstver- 
waltung, der Senatswahl, Regelung der Fakultätsangelegenheiten und 
endlich in Privatdozenten, die kraft Zulassung lehren, aber ohne Lehrauftrag. 
Alle Universitätslehrer sind unmittelbare Staatsbeamte. Die Disziplinar- 
verhältnisse der Privatdozenten haben eine spezielle Ordnung gefunden 
durch Gesetz vom 17. Juni 1898 (GS. S. 125). Danach unter- 
liegt dem dort geordneten Verfahren ein Privatdozent an einer Landes- 
universität, der Akademie (jetzt Universität) zu Münster und dem Lyzeum 
Hosianum zu Braunsberg, welcher die Pflichten verletzt, die ihm seine 
Stellung als akademischer Lehrer auferlegt, oder sich durch sein Ver- 
halten in oder außer seinem Berufe der Achtung, des Ansehens oder 
des Vertrauens, die seine Stellung erfordert, unwürdig zeigt (§ 1). Die 
wesentlichsten Bestimmungen des Gesetzes vom 21. Juli 1852, be- 
treffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten usw. in 
seinen §§ 3—7, 13, 18, 22—24, 27—30, 32—46, 48 und 54 mit 
dem aus dem Gesetz, betreffend die Abänderung von Bestimmungen der 
Disziplinargesetze vom 9. April 1879 sich ergebenden Abänderungen 
und mit den nachfolgenden besonderen Bestimmungen finden für die 
Privatdozenten sinngemäße Anwendung (8 2). Die gegen Privat- 
dozenten zulässigen Disziplinarstrafen bestehen in: Ordnungestrafen, 
Entziehung der Eigenschaft als Privatdozent (§ 3). Ordnungs- 
strafen sind: Warnung, Verweis. Zur Verhängung derselben ist 
außer dem Unterrichtsminister die Fakultät befugt, bei welcher der 
Privatdozent habilitiert ist. Vor Verhängung einer Ordnungsstrafe 
ist dem Privatdozenten Gelegenheit zu geben, sich über die ihm zur 
  
  
  
  
  
  
 
	        
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