Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 4. Zugänglichkeit der öffentlichen Amter für alle Befähigten 129 
der in Rede stehenden Art aufzustellen und dadurch unter Umständen auch 
ganze Personenkategorien von der Erlangung aller der bestimmten öffentlichen 
Amter auszuschließen, wofern eben nur diese Kategorien nicht „Stände“ 
im Sinne des 2. Satzes, d. h. Geburtsstände, darstellen. Satz 3 sagt 
mithin dasselbe, was die württembergische Vl vom 25. Sept. 1819, 
422 klarer und präziser dahin ausdrückt: „kein Staatsbürger kann wegen 
seiner Geburt von irgend einem Staatsamte ausgeschlossen werden“. 
Wenn vR3B 2 7 aus Satz 3 das allgemeine Verbot herauslesen will, 
„ganze Kategorien von Personen ein für allemal für unfähig zur Erlangung 
von Amtern zu erklären“, so geht dies zu weit. Das oben Nr. 6 S. 112ff. 
Gesagte gilt analog auch hier. Zur Erläuterung möge folgendes dienen. 
Satz 3 bezieht sich keineswegs bloß auf die Preußen (unrichtig Arndt, 
Komm. 79, 80, vNR 2 7), sagt also (wie dies auch aus der Entstehungs- 
geschichte, vgl. den Ber. des ZAussch der I. K., I. K. 644, hervorgeht) 
nicht, daß Ausländer für preußische Staatsämter a# priori unfähig oder 
im Staatsdienst den Inländern gegenüber zurückzusetzen seien, aber er 
verbietet auch nicht, dies durch Rechtssatz auszusprechen, wie dies in 
Preußen durch die KO vom 17. Oktober 1847 (Min Bl d inn V 3065, 
vgl. uRZ 1 438), in Württemberg durch die zitierte Verfassung, § 44, ge- 
schehen ist (wobei bemerkt werden mag, daß eine derartige Disquqli- 
sizierung durch Landesgesetz jetzt nur noch Nichtdeutschen gegenüber statt- 
haft wäre, da die RV Art. 3 logl. oben 99, 100] den landesfremden 
Reichsangehörigen Gleichberechtigung mit den Landesangehörigen betreffs 
der Zulassung zu öffentlichen Amtern gewährleistet). Ferner; um Berufs- 
stände handelt es sich im Art. 4 nicht, es dürfen also ohne Widerspruch mit 
Satz 3 bestimmte Berufsstände bei der Besetzung gewisser öffentlicher 
Amter, z. B. Kaufleute für die Stellen der Handelsrichter (GG + 113), 
zivilversorgungsberechtigte Militärpersonen im Subalterndienst des Staates 
und der Gemeinden (vgl. jetzt RG über die Versorgung der Personen 
der Unterklassen des Reichsheeres, der kaiserlichen Marine und der kaiser- 
lichen Schutztruppen vom 31. Mai 1906, Rol 593, § 18) ausschließlich 
oder vorzugsweise herangezogen werden. Wenn die Staatsregierung 1818 
vorübergehend im Zweifel war, ob die Bevorzugung der Militäranwärter 
mit Satz 3 verträglich sei (RZ 2 7, Anm. 4) so waren diese Bedenken, 
wie auch bei den Verhandlungen der Revisionskammem anerkannt wurde, 
unbegründet. Ebensowenig widerspricht es dem Satze, wenn die Gemeinde- 
verfassungsgesetze, vgl. z. B. StO vom 30. Mai 1853, §s 17, 30 die 
Geistlichen, Kirchendiener, Lehrer, Richter, Staatsanwälte, Polizeibeamten 
von der Wählbarkeit zur Gemeindevertretung und zum Gemeindevor- 
stand ausschließen. In der Folgerichtigkeit des hier angewandten 
Anschüt, Preuß. Ber fassungs-Urkunde. 1. Band. 9
	        
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