Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

— 12 — 
Verwaltungsrecht ist ihm das Musterrecht; er ist von seiner Vorzüglichkeit 
durchdrungen; was demselben entgegensteht, ist ihm unsympathisch. Dies 
macht sich nicht nur geltend in der Würdigung des Verhältnisses zum 
Civilrecht und zur Rechtsprechung der Civilgerichte, sondern insbesondere 
auch in allen Punkten, bei denen eine Veränderung des französischen Ver- 
waltungsrechts in Elsass-Lothringen durch die Deutsche Gesetzgebung in 
Frage steht. Es macht sich hier durchweg die Tendenz geltend, das fran- 
zösische Recht in möglichst grossem Umfange zu erhalten und die Wirkung 
der neueren Gesetze auf das engste Mass zu beschränken. Man vergleiche 
z. B. S. 95, Note 11; S. 101, Note 8; 8. 115, Note 4; 8. 155, Note 2; 
S. 191, Note 24; S. 211, Note 6; 8. 235, Note 15; S. 241, Note 14; S. 384, 
Note 11; S. 409, Note 14 u. s. w. An manchen dieser Stellen gelangt der 
Verf. zu höchst bedenklichen, theilweise auffallenden Folgerungen. 
Wenn in den vorstehenden Erörterungen diejenigen Punkte, in denen 
ich abweichender Ansicht bin, besonders hervortreten, so liegt dies ja in der 
Natur jeder Kritik. Es soll dadurch aber nicht der Anschein erweckt wer- 
den, als verhielte ich mich im wesentlichen ablehnend gegen das Werk. 
Ich begrüsse dasselbe vielmehr mit grosser Freude als einen Fortschritt in 
der Behandlung des Verwaltungsrechts und bin überzeugt, dass auf dem 
vom Verf. gewiesenen Wege ihm Viele mit Nutzen folgen werden. 
Laband. 
Dr. Karl Freiherr von Stengel, o. ö. Prof. in Breslau, Lehrbuch des 
deutschen Verwaltungsrechts. Stuttgart. Ferdinand Enke. 
1886. XVI. und 459 S. kl. 8°. 
Man kann nicht an jedes Werk, namentlich nicht an jedes Lehrbuch 
den Massstab streng wissenschaftlicher Arbeiten legen und die Anforderung 
neuer Gesichtspunkte, grosser Gedanken, eindringender Forschungen stellen. 
Ein Buch, welches den gegenwärtigen Stand einer Rechtsdisziplin in klarer 
und übersichtlicher Weise wiedergibt und zur Einführung in die Kenntniss 
derselben dient, ist in seiner Art auch eine verdienstliche Leistung. Nur 
wird man freilich berechtigt sein zu verlangen, dass es für diesen Zweck 
auch wirklich brauchbar ist und nicht lediglich den negativen Vorzug hat, 
nichts wesentlich Neues zu enthalten. Von diesem Gesichtspunkt aus muss 
auch das vorliegende Werk beurtheilt werden; auf einen Fortschritt in der 
Methode oder Systematik, auf eine Erweiterung und Bereicherung des stoff- 
lichen Materials oder auf eine Berichtigung der begrifflichen, theoretischen 
Erfassung desselben muss man resigniren und sich damit begnügen, dass die 
zahlreichen und weit verzweigten Materien, welche man unter dem Namen 
Verwaltungsrecht zu behandeln pflegt, in knapper Form und meistens in 
sehr leicht verständlicher Weise erörtert sind. Ja, vieles kommt uns darin 
gar zu leicht verständlich vor, so dass man sich fragen muss, welchen 
Leserkreis der Verf. eigentlich vor Augen hat. Es gilt dies namentlich 
von dem „besonderen Theil“, der die einzelnen Verwaltungszweige behan- 
delt. Derselbe enthält nicht viel mehr als eine Aufzählung derjenigen 
Gegenstände, auf welche sich die Fürsorge des Staates erstreckt, sowie der 
Zwecke und Aufgaben, die dabei verfolgt werden, nebst Angabe der be- 
treffenden Gesetze. Hierbei benutzt der Verf. die Gelegenheit, zahlreiche, 
überaus einleuchtende Bemerkungen zu machen. So führt er z. B. S. 266 
aus, dass die Anhäufung einer grösseren Menschenmenge auf öffentlichen 
Strassen in der Regel nicht bloss ein Hinderniss des freien Verkehrs ist,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.