— 42917 7° —
möglich, auch durch Alle ausgeübt werde. In diesem Sinne
bekennen wir uns zur absoluten Demokratie, sie ist natürlich
und zweckmässig, wo immer ein dazu geeignetes Volk vorhan-
den ist,
Damit kommen wir auf die etwas schwierige allgemeine
Beurtheilung des Referendums nach seiner Zweck-
mässigkeit. Diese Beurtheilung ist zunächst von vornherein
durch das soeben Gesagte begränzt. Niemand, der politischen
Verstand besitzt, wird diese Institution in Russland, in der Türkei,
oder in neugebildeten Staaten, wie Rumänien, Serbien, Bulgarien
introduziren wollen, die noch zuerst Konsistenz gewinnen müssen,
oder in denen eine kleine Zahl Gebildeter einer grossen, noch
rohen und undisziplinirten, an Selbstregierung gar nicht gewöhnten
Volksmasse gegenübersteht. Oder endlich in Paris, oder wo immer
sonst ein nicht unerheblicher Theil der: Bevölkerung aus ganz unzu-
verlässigen Elementen besteht, die durch ein solches Mittel leicht
von Agitatoren gesammelt und zu einer Macht gegenüber den
guten Bürgern ausgebildet werden können '?%). Selbst in den
einzelnen Cantonen der Schweiz fungirt das Referendum nicht
gleichartig, und es ist sehr leicht, dabei noch heute diejenigen
zu unterscheiden, die altfreie Gemeinwesen gewesen sind, gegen-
über anderen, deren Selbstregierung von 1798 datirt. Diese Ein-
richtung ist, wie die Republik selbst, ein Ehrenzeichen für das
Volk, das sie verträgt. Es ist damit eben ein emanzipirtes Volk,
das keine der Arten von Vormundschaft mehr bedarf, die von
dem Staatsrecht successive erfunden worden sind.
Daraus ergibt sich aber auch, dass nichts besser zur
Freiheit erzieht, als die Freiheit selber, sobald einmal
eine Anzahl von nothwendigen, mehr moralischen als juristischen
124) Es ist überhaupt dermalen unseres Wissens von der Einführung
der Volksabstimmung nirgends ernstlich die Rede. Im Jahre 1880 wurde
von der italienischen Deputirtenkammer eine Commission ernannt, um über
die Reformen der Gemeinde- und Provinzialverwaltung zu referiren. In dieser
Commission wurde der Antrag gestellt und angenommen, wichtigere Gemeinde-
sachen, die Bigenthum und Steuern betreffen, sollten den Gemeindeversamm-
lungen selbst vorgelegt werden können. Vgl. CRIVELLARI, il referendum,