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Ein imperatives Mandat kann es dagegen, auch wenn es
nicht überhaupt eine höchst fragliche Sache wäre, formell recht-
lich und logisch in der Monarchie gar nicht geben. Die Volks-
repräsentation ist eines von den Organen der Regierung; sie soll
erst durch ihre Berathungen unter sich und mit den übrigen
Organen der Regierung das Rechte finden und danach beschliessen.
Der Souverän hat und muss haben in allen Fällen, handle es sich
um eine neue Codification der ganzen Verfassung oder um ein-
zelne Verfassungsbestimmungen oder um einfache Gesetze, die
Möglichkeit, staatswidrige oder dafür gehaltene, also nicht sowohl
ihm als vielmehr dem Staat und Volk schädliche Beschlüsse durch
sein Veto hintanzuhalten.
Bei dem Zweikammersystem kann eine der beiden Kammern
dem Begenten die Anwendung des Vetorechts ersparen; aber da
sie es nicht muss, so wird das Vetorecht des Monarchen dadurch
nicht überflüssig. Eine wirklich staatswidrige Anwendung des-
selben wird für den Monarchen stets bedenklicher sein, als eine
vernünftige, d.h. staatsgemässe Concession. Ein bloss suspensives
Veto mag für repuhlikanische Präsidenten passen, ist aber eben-
deshalb für den Monarchen unpassend, weil es die souveräne Ge-
walt formell von der Haltung nicht souveräner Factoren abhängig
macht, die Entscheidung also dahin verlegt, wo die Souveränetät
nicht ist, bezw. die Souveränetät einem Subjecte beilegt, welches
sie nach der Verfassungsform nicht hat und nicht haben kann.
Dies Alles gilt ohne alle Rücksicht darauf, ob in einer Mon-
archie die Bildung der Majoritäten in den Wahlkörpern, wie in
der Volksvertretung eine ganz entschiedene und sachlich begrün-
dete oder ob das Gegentheil der Fall ist. Denn auch die ent-
schiedenste Majorität für einen im Allgemeinen berechtigten
Standpunkt, d. h. entweder für Erhalten oder Verbessern, gibt in
den concreten Fällen weder für die überwiegende öffentliche Mei-
nung, noch weniger für die Staatsgemässheit eines Majoritäts-
beschlusses sichere Bürgschaft.