98 —
faute, sondern der Umstand, dass ohne eine solche entweder eigenes
Verschulden des Geschädigten oder Zufall anzunehmen ist und
demnach ein Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und
dem Betriebe nicht besteht. Möglicherweise schliesst sogar ein
Verschulden des Angestellten des Staats dessen Ersatzpflicht aus,
dann nämlich, wenn dieser die Gelegenheit, die ihm sein Amt
gab, missbraucht hat, um einen Schaden anzurichten; denn dann
liegt ein fait personel vor, der mit dem Betriebe des Staats nicht
im Zusammenhange steht. Während nach Zivilrecht der com-
mettant auch für den Schaden verantwortlich ist, den sein pr6-
pose lediglich A l’occasion de l’exercice de ses fonctions an-
gerichtet hat, und der Fuhrunternehmer z. B. für die Vergewal-
tigung eines Mädchens durch seinen Kutscher haftbar gemacht
worden ist?!, beschränkt sich die Ersatzpflicht des Staates auf
den Schaden, den sein Angestellter „dans ses fonctions“ ange-
richtet hat.
An Stelle des Verschuldungsprinzips der art. 1382, 1384 0. c.
ist daher dem Staate gegenüber das Veranlassungsprinzip getreten:
für Schäden, welche durch den Betrieb einer öffentlichen Anstalt
verursacht sind, leistet der Staat Ersatz, gleichviel ob der Ver-
waltung oder einem ihrer Beamten ein Verschulden nachgewiesen
werden kann oder nicht.
Auch der Umfang der Ersatzpflicht des Staats ist von der
zivilrechtlichen Haftung verschieden: nach art. 1382, 1384 wird
auch für entgangenen Gewinn und tort moral gehaftet, der Staat
ersetzt nur dommage direct et materiel.
Endlich leistet der Staat für den durch den Betrieb seiner
Verwaltung verursachten Schaden nicht auf allen Gebieten Er-
satz, namentlich nicht im Bereiche der hohen Politik, der Polizei ??,
der Rechtsprechung und für Kriegsereignisse.
” Tribunal de la Seine v. 28.5. 1872 DauLoz 1873. 3, 7.
” z.B, im Falle der Versenkung eines Schiffes zwecks Verhütung der Ver-
breitung des auf demselben ausgebrochenen gelben Fiebers LAURENT XX.no. 385.