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„Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechts-
streits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nicht-
bestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, welches... ...
von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass
die Verhandlung ...... bis zur Entscheidung der Verwaltungs-
behörde auszusetzen sei.“
OTTO MAYER®” nimmt an, diese Bestimmung habe für Elsass-
Lothringen keine Bedeutung, da es keine Verwaltungsbehörde
mehr gebe, welche die streitige Auslegung vornehmen könne.
Darauf ist zu erwidern, dass nur der nach französischem Recht
gegen die Auslegung zulässige Rechtsweg zum Staatsrat beseitigt
worden ist, dagegen die Behörde, welche in erster Instanz die
Auslegung vorzunehmen hat, nicht in Wegfall gekommen ist, da
dies diejenige Behörde ist, welche den Akt erlassen hat. Die
Aenderung des Rechtszustands besteht darin, dass diese Behörde,
statt wie nach französischem Recht in erster, nunmehr in erster
und letzter Instanz entscheidet.
Weiter stellt sich die Frage ein: wird durch $ 148 (139)
C.P.O. eine Befugnis des Zivilrichters begründet, von der Ge-
brauch zu machen in seinem freien Belieben steht, oder sind die
landesgesetzlichen Vorschriften über eine Verpflichtung des Zivil-
richters zu einer Aussetzung bestehen geblieben, und tritt an
Stelle des Aussetzungsrechts eine Aussetzungspflicht, wenn eine
solche durch das Landesrecht begründet war? ®®,
Da der Wortlaut beide Auslegungen zulässt, muss darauf
zurückgegangen werden, dass die Reichsjustizgesetzgebung einen
Eingriff in die materiellrechtlichen Bestimmungen des innern
Staatsrechts der Einzelstaaten vermeiden wollte, dass aber der
Uebergang der Entscheidung der präjudiziellen Verwaltungsfragen
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67 Theorie des franz. Verw.rechts 8 56 Anm. 14 S. 386.
68 Dieser letzteren Ansicht GAUPP-STEIN (4. Aufl.) $ 148 I. B. MICHAELIS
Anhang zu GAUPpP-STEIN zu $ 139. Leonı Verfassungsrecht v. E.L. 8 40
Anm. 5 8. 106.