— 148 —
die selbstursprünglich Ministerialenfamilien gewesen
und erst seit dem 16. Jahrhundert durch den Erwerb eines reichs-
freien Territoriums mit Reichsstandschaft in den hohen Adel ein-
getreten sind, konnte die Idee nicht entstehen, es sei ihnen ver-
boten, ihre Frauen aus diesen Kreisen zu nehmen, denen sie doch
selbst früher angehört und denen sie ihre Frauen doch immer
entnommen hatten, und so besteht bei diesen das Ebenbürtigkeits-
recht nicht.
Eine neue Erklärung der vielumstrittenen Frage hat in
jüngster Zeit Reum ? versucht, die man als eine Vereinigung der
beiden früheren Auffassungen ansehen kann. Er erklärt, es hätten
im Laufe der Zeit zwei verschiedene Ebenburtsrechte
beim Hochadel bestanden, das eine im Mittelalter bis gegen 1450,
das andere von 1550 bis heute. Der Grund dieses zweiten Eben-
bürtigkeitsprinzips sei der splendor familiae gewesen, zu dessen
Erhöhung die Hochadligen sich gegen den niedern Adel? ab-
geschlossen hätten. Und zwar habe bei allen Familien des Hoch-
adels der Wunsch bestanden, das zu tun; ihn zur Durchführung
zu bringen, sei aber nur denjenigen gelungen, die im Reichs-
fürstenrate über eine Virilstimme verfügten, wäh-
rend die Reichsgrafen, die zusammen nur über vier Kuriat-
stimmen geboten, hierzu wirtschaftlich nicht in der
Lage gewesen wären.
Vergleicht man diese Theorie mit der älteren Doktrin, so
stimmt sie mit der vorhin skizzierten ersten Auffassung darin
überein, dass sie annimmt, im Mittelalter habe das Ebenbürtig-
keitsprinzip im ganzen Hochadel, bei allen Fürsten- und Herren-
geschlechtern, bestanden, wobei REHM weiter meiner Erklärung
? REHM, Modernes Fürstenrecht, München 1904 S. 153 ff.
® Der Ausdruck „Ritter“ mit dem REeHMm oft den niedern Adel bezeichnet,
ist nicht empfehlenswert. Einmal weil Ritter eine persönliche Würde
bezeichnet; die Familien werden ritterbürtige genannt. Dann aber
wurden auch die Hochadligen Ritter, so dass das Wort den Gegensatz zunı
hohen Adel nicht bedeutet, den REHM doch ausdrücken will.