— 151 —
anschauungen sich aufdrängen zu lassen, die ihnen nicht kon-
venierten. Ist es da von vornherein nicht wahrscheinlicher, dass
wir es hier wieder einmal mit einem deutschrechtlichen Institut
zu tun haben, welches von den Romanisten bekämpft wurde, weil
es ihnen nicht in den Kram passte, welches diesem Andrängen
aber widerstand, so dass die Romanisten schliesslich ihre
Versuche aufgeben mussten?’. Es wäre doch eine merkwürdige
Erscheinung, wenn das Gewicht des römischen Rechts wohl schwer
genug gewesen wäre, um ein altes, fest eingewurzeltes Recht zu
zerstören, aber nicht schwer genug, um die neue Bildung des
nämlichen Rechtes zu verhindern. Es ist doch immer
leichter, eine Neubildung zu vereiteln, als etwas seit alter Zeit
Bestehendes zu zerstören! Und nun soll die schwerere Auf-
gabe dem römischen Rechte gelungen sein, während es die
leichtere nicht hätte lösen können! Da ist es doch
richtiger, umgekehrt zu sagen: wenn das römische Recht nicht
stark genug war, um die Neubildung des Ebenbürtigkeitsprinzips
seit dem 16. Jahrhundert zu hindern, dann war essicher
nicht stark genug, um das mittelalterliche
Ebenburtsrecht zuuntergraben. Finden wir dieses
aber wie im Mittelalter, so auch in der Neuzeit, dann muss man
zugeben, dass es das nämliche Rechtsinstitut ist, welches sich
siegreich gegen alle Angriffe behauptet hat.
Zudem benimmt REHM selbst dem einzigen Beweise, den er
bringt, alle Kraft. Er will, man solle blindlings den Romanisten
glauben, welche behaupten, alle Ehen zwischen Freien seien voll-
gültig. „Entgegenstehende Gewohnheit in fürstlichen Häusern
sei nicht begründet und nicht erweisbar.“ So „die gesamte ju-
ristische Literatur im 16. und bis in die zweite Hälfte
des 17. Jahrhunderts fast ausnahmslos“ 8, Nun gibt Reunm
” Vergl. über die nämliche Erscheinung beim Wappen mein „Wappen-
recht“, Bonn 1896. S. VI 22 £.
® 8. 155.