Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 21 (21)

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Er hat mithin eine fast grössere Geschäftsgewalt als die Gemeinde- 
vertretung. Zudem würde man dem (Gesetzgeber unterstellen 
müssen, dass er bei Abfassung der Städteordnung die unbe- 
schränkte Vertretungsbefugnis nur einem Kollegium, dem Magi- 
strat, zugebilligt hätte, das regelmässig aus Männern bestehen 
dürfte, an deren Umsicht und Geschäftsgewandtheit grössere 
Anforderungen gestellt worden, wie bei Gemeinden, während bei 
diesen der Gesetzgeber das Wohl und Wehe der Gemeinde schon 
in die Hände eines einzelnen, des Gemeindevorstehers, gelegt 
hätte, an den im allgemeinen, insbesondere bei kleinen Gemein- 
den, nicht derartige Massstäbe bezüglich seiner geschäftlichen Er- 
fahrung wie an die Magistratsmitglieder gestellt werden dürften. 
Auch diese Erwägung kann nicht geeignet erscheinen, für die 
Ansicht des Reichsgerichts zu sprechen. 
Soweit die Literatur sich mit der Frage beschäftigt, nimmt 
sie die Entscheidung des Oberhandelsgerichts ohne jede weitere 
Untersuchung als einen feststehenden Rechtsgrundsatz auf !”. Folgt 
man der herrschenden Ansicht, so würde mithin die Gremeinde 
Kompetenzüberschreitungen des Magistrats und des Gemeinde- 
vorstehers schutzlos gegenüberstehen. Sie könnte dem Dritten 
gegenüber einen Einwand daraus nicht herleiten, dass ein Be- 
schluss der zuständigen Vertretung nicht vorliege, sondern immer 
nur an dem Magistrat bezw. dem Gemeindevorsteher Regress 
nehmen. Ein Schutz gegen Kompetenzüberschreitungen könnten 
den Gemeinden auch nicht die Formvorschriften über Urkunden 
bieten, denn diese beziehen sich nicht auf mündlich abgeschlossene 
Rechtsgeschäfte. Demgegenüber wäre der Schutz des gutgläubigen 
Dritten ins Masslose ausgedehnt. Er brauchte sich nur auf die 
mündliche Erklärung des Magistrats oder des Gemeindevorstehers 
zu verlassen, diese würde allein schon genügen, eine Verbindlich- 
keit der Stadt und Landgemeinde zu begründen. 
17 So LEDERMANN, Städteordnung, Berlin 1902, OERTEL, Städteordnung, 
Liegnitz 1905. Auch GRucHorT Bd. 26 S. 1078.
	        
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