sprechend übereinstimmenden innerstaatlichen Gesetzgebung oder
in der unbeschränkten Anerkennung eines Gewohnheitsrechtes hat.
Dass von diesen beiden Gesichtspunkten der erste — die Parallel-
gesetzgebung der Staaten — ohne weiteres ausgeschieden werden
muss, bedarf einer Erörterung nicht; die zweite Frage, ob und
wieweit in dieser Beziehung ein Gewohnheitsrecht sich gebildet
hat oder in der Bildung begriffen ist, das zu befolgen die einzelnen
Staaten verpflichtet wären, soll im folgenden geprüft werden '*.
Die Untersuchung wird sich hierbei auf die Feststellung be-
schränken können, ob der Tatbestand des Seeraubes, die Rechts-
stellung von Schiff und Mannschaft, die Festnahmebefugnis der
Kriegsschiffe und die Frage, wem die Strafgewalt über den er-
griffenen Seeräuber zusteht, in der Praxis und der Theorie soweit
feststehen, dass von einem völkerrechtlichen Gewohnheitsrecht in
dieser Richtung gesprochen werden kann.
Ausgeschieden werden Erwägungen rechtsphilosophischer Na-
tur, wie die Frage, ob es für die an der Völkerrechtsgemeinschaft
beteiligten Staaten einen „Beruf zur Weltrechtspflege“ '° gibt,
kraft dessen sie den Seeraub als crimen humani generis zu ver-
folgen, sich für „rechtlich verpflichtet“ !% erklären; die Grundlage
muss hier, wie bei allen Erörterungen über Fragen des Völker-
rechtes der Satz bilden, dass Völkerrecht nur dann Recht
4 Auf den Wert internationaler Vereinbarungen gegen die Seeräuber
weist v. LISZT, z. B. noch in der 3. Auflage seines Strafrechts (1888, S. 93)
— in den neueren Auflagen (vgl. 10. Aufl. 1900, S. 85) findet sich die be-
sondere Betonung dieses Gesichtspunktes nicht mehr — mit Recht hin.
Zu derartigen Vereinbarungen ist es, wohl wegen des verhältnismässig ge-
ringen Interesses hieran, in gewissem Umfange bis jetzt nicht gekommen.
Dass man andererseits mit dem völkerrechtlichen Gewohnheitsrecht allein
hier nicht auskommt, lässt einmal die deutsche Instruktion zur Unterdrückung
der Seeräuberei in den chinesischen Gewässern vom 20, Aug. 1877 (abgedruckt
bei PereLs 311 ff.) erkennen, dann aber vor allem auch der neuerdings
abgeschlossene Vertrag zwischen Italien und der Türkei vom 10. November
1902; s. darüber v. Lıszr, Völkerrecht 215.
15 STIEL a 4.0. 19.
18 v, MArRTITZ 4.2.0. I. 66.
Archiv für öffentliches Recht. XXI. 2. 19