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erforderlichen Grundlagen nachzuweisen. Auch hier versagt in-
dessen die Untersuchung völlig; ebensowenig, wie der Seeräuber
durch den Seeraub seine Staatsangehörigkeit einbüsst, geht hier-
durch für das Schiff das Recht zur Flaggenführung verloren °%.
Die Behauptung STIELs 5°, dass die „eigenartige Rechtsfolge“ der
Piraterie die rechtliche Denationalisierung des Schiffes sei, dass
die Piraterie die Verbindung des Schiffes mit seinem Heimat-
staate „völlig löse“, dass nicht nur „dem Schiffe der Schutz des
Staates entzogen“ werde, „sodass es dem Zugriff jeder Macht
unterliegt“, sondern dass auch „der Heimatsstaat von seiner Ver-
antwortlichkeit für den Bestand einer gesicherten Rechtsordnung
an Bord befreit“ werde, ist juristisch durch nichts zu
begründen und findet insbesondere im deut-
schen Recht nach keiner Richtung hin eine
Stütze‘® Die rechtliche Denationalisierung eines Schiffes kann
juristisch nur dadurch zum Ausdrucke gebracht werden, dass der
Staat dem Schiffe das Recht entzieht, die Staatsflagge zu führen.
Die Möglichkeit, einem deutschen Schiffe wegen der Verübung
von Seeraub die Flagge zu entziehen, ist aber nach deutschem
Rechte ausgeschlossen: weder das Gesetz über das Flaggenrecht
der Kauffahrteischiffie vom 22. Juni 1899 9! noch irgend eine
andere gesetzliche Vorschrift des deutschen Reiches enthalten
68 Es gibt nur eine einzige völkerrechtliche Vorschrift, auf Grund deren
Schiffen strafweise das Recht zur Führung der Flagge eines bestimmten
Staates entzogen werden kann: sie findet sich in Art. 40 der Antisklaverei-
akte vom 26. Februar 1885. Diese Bestimmung trägt jedoch ausschliesslich
den Charakter einer Sondervorschrift, sodass irgendwelche Konsequenzen
daraus nicht gezogen werden können. Es handelt sich nämlich hier um die
Entziehung der Flagge, wenn sogenannte „einheimische“ Schiffe, denen das
Recht zur Führung der Flagge eines bestimmten Staates verliehen ist, sich
einen Sklavenraub oder Sklavenhandel zu Schulden kommen lassen.
9 2.2.0. 10, 85.
% Auf die Unzulässigkeit der von STIEL zur Begründung dieses Satzes
angewandten juristischen Konstruktion ist schon oben 286 * hingewiesen
worden.
es RGBl. 319.